Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Bundesverband der Berufsbetreuer/innen BdB e.V. Landesgruppe Sachsen

1. Reform des Betreuungsrechts

Die Partei DIE LINKE. unterstützt die Forderung nach einer Reform des Betreuungsrechts. Die Anpassung der gesetzlichen Regelungen an die bereits seit zehn Jahren auch für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichen UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ist notwendig und lange überfällig.
Wir werden daher auch nach der Landtagswahl die Forderungen des BdB unterstützen. Die diesbezüglich u.a. notwendige Änderung der §§ 1896, 1901, 1902 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) betreffen ein Bundesgesetz und müssen daher auf Bundesebene vorgenommen werden. Der Freistaat Sachsen kann sich dafür durch eine Initiative im Bundesrat und sowie über die Justizministerkonferenz einsetzen. Wir werden in der kommenden Legislaturperiode entsprechende parlamentarische Initiativen im Sächsischen Landtag auf den Weg bringen.

2. Berufszulassung verbindlich regeln

Wir unterstützen die Forderung nach einer bundeseinheitlich geregelten Zulassung zur Berufsbetreuung und Einrichtung eines entsprechenden bundesweiten Berufsregisters. Im Unterschied zum ehrenamtlichen Betreuung besteht bei der Berufsbetreuung keine persönliche Nähebeziehung und, zumindest zu Beginn, auch keine Vertrauensbeziehung. Das Vertrauen in die fachliche und persönliche Eignung einer Berufsbetreuerin oder eines Berufsbetreuers ist wegen der fehlenden persönlichen Nähebeziehung besonders wichtig, insbesondere auch, weil deren Befugnisse und tatsächliche Möglichkeiten erkennbar Gefährdungen grundrechtlich geschützter Interessen der betreuten Person und Dritter aufweisen. Das deshalb bestehende, besondere öffentliche Interesse am Vertrauen in die Berufsträger sollte vom Gesetzgeber durch entsprechende gesetzliche Vorkehrungen wie Eignungsprüfungen und angemessene Kontroll- und Nachweispflichten geschützt werden. Diese gesetzlichen Vorkehrungen sollten unabhängig von der Anzahl der Berufsbetreuungen gelten, daher ist auch die sogenannte „Elferregel“ (§1 VBVG) zu streichen.

3. Evaluation des aktuellen Vergütungssystems

Wie Sie wissen, möchte die Partei DIE LINKE. für alle abhängig Beschäftigten sowie für alle Selbständigen erreichen, dass sie von „ihrer Hände und Köpfe Arbeit“ gut leben können. Daher unterstützen wir selbstverständlich die Forderung einer auskömmlichen und angemessenen Vergütung für die Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer. Die seit 27. Juli 2019 geltende Anpassung der Vergütungsregelung hat leider an der Nichtauskömmlichkeit der Vergütung nichts geändert. Der durch die notwendige Umsetzung der UN-BRK zu erwartende Mehraufwand ist dabei noch nicht einmal berücksichtigt. Fest steht, zur Umsetzung der Anforderungen an eine rechtliche Betreuung ist zukünftig mehr Zeit erforderlich, die auch vergütet werden muss. Durch die gesamten gesetzlichen Regelungen für Betreuerinnen und Betreuer zieht sich aber wie ein roter Faden, dass der reale Aufwand nicht vergütet wird. Damit setzen Regierung und bisherige Parlamentsmehrmehrheit auf ein Grundprinzip, das aus ihrer Sicht offensichtlich für alle Berufe im sozialen Bereich gilt: Selbstausbeutung wird erwartet. Diese Praxis muss endlich beendet werden.  Neben der schnellstmöglich vorzunehmenden Vergütungserhöhung unterstützen wir ausdrücklich die Forderung nach einer gesetzlichen Dynamisierung der Vergütungsregelung in Anlehnung an die allgemeine Lohn- und Preisentwicklung. Die Praxis der letzten Jahrzehnte hat gezeigt, dass entsprechende Anpassungen sonst möglicherweise 14 Jahre aufgeschoben werden. Wir sagen zu, dass wir mit den uns zur Verfügung stehenden parlamentarischen Mitteln auf eine dauerhaft auskömmliche und angemessene Vergütung hinzuwirken.

4. Professionalisierung des Berufs Betreuung

Die Partei DIE LINKE. steht der Forderung nach Einrichtung einer berufsständischen Selbstverwaltung (Betreuerkammer) offen gegenüber. Zwar ist die Einführung einer solchen Selbstverwaltung weder alternativlos, noch ein „Allheilmittel“ zur Lösung der Probleme in der rechtlichen Betreuung. Andererseits zeigen Beispiele aus anderen Selbständigen-Berufen, dass entsprechende Kammern im Hinblick auf die Qualität der Arbeit, auf Ausbildung, Fortbildung und den Zugang zu dieser Tätigkeit gute Arbeit leisten können.

5. Zukunft der Betreuungsvereine

Das gesetzliche Leitbild der rechtlichen Betreuung des Bundesgesetzgebers geht von der Ehrenamtlichkeit der rechtlichen Betreuung aus. Die Unterstützung der ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer wird durch die Betreuungsvereine geleistet. Sie sind die einzigen Einrichtungen, die ehrenamtlichen Betreuerinnen und Betreuer begleiten und schulen und so die Qualität dieser Freiwilligenarbeit garantieren. Dass diese wichtige Arbeit völlig unzureichend unterstützt wird, kritisiert die Partei DIE LINKE. seit langem. So haben wir dazu in der zu Ende gehenden Legislaturperiode eine Große Anfrage an die Sächsische Staatsregierung gestellt und unsere, aus den Antworten resultierenden Forderungen, in einem leider von der Mehrheit im Sächsischen Landtag abgelehnten Entschließungsantrag (online abzurufen unter: edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=6620&dok_art=Drs&leg_per=6&pos_dok=&dok_id=231839) zur Abstimmung gestellt.
Der Arbeit der Betreuungsvereine muss endlich die Wertschätzung zuteilwerden, die sie verdient, und zwar nicht lediglich in politischen „Sonntagsreden“, sondern zuerst durch eine auskömmliche und angemessene Finanzierung ihrer Tätigkeit. Dazu muss aus Sicht der Partei DIE LINKE. die Förderung neu geregelt werden. Der Vorschlag des BdB, die Finanzierung über ein „Dreistufenmodell“ (Basisförderung, Leistungsvereinbarungen und Prämiensystem) zu organisieren, ist aus unserer Sicht ein gangbarer Weg und findet daher unsere Zustimmung. Die Partei DIE LINKE. wird sich auch in der kommenden Legislaturperiode konsequent mit entsprechenden parlamentarischen Initiativen für die Sicherung und dauerhaft bedarfsgerechte Finanzierung der Arbeit der Betreuungsvereine einsetzen.