Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Lesben- und Schwulenverbands (LSVD)

Politik hat die Aufgabe, ein diskriminierungsfreies Lebensumfeld für alle zu schaffen. Sie muss es allen Menschen garantieren können, zu jederzeit, an jedem Ort und ohne Angst vor Anfeindung verschieden sein zu können; Sei es in der Schule, im Sportverein, im Pflegeheim, im öffentlichen Raum oder am Arbeitsplatz. Respekt heißt die Formel für gutes gesellschaftliches Zusammenleben. 

  1. „Landesaktionsplan zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen“ fortführen – Unterstützungsstrukturen absichern 

Seit 2017 hat Sachsen einen „Landesaktionsplan zur Akzeptanz der Vielfalt von Lebensentwürfen“. In der neuen Legislaturperiode kommt es darauf an, diesen Aktionsplan zu evaluieren, ihn fortzuführen und auch finanziell im Haushalt zu untersetzen. Ferner müssen Projekte und Vereine der LSBTI*-Selbsthilfe langfristig abgesichert werden. 

1.1. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass der Landesaktionsplan im Dialog mit LSBTI*-Vereinen weiterentwickelt und mit verbindlichen Maßnahmen fortgeschrieben und finanziell abgesichert wird? 

  • Als Fraktion haben wir die Erarbeitung des Landesaktionsplans sehr intensiv begleitet. Wir hätten gerne noch einige weitergehende Ziele und Maßnahmen aufgegriffen, beispielsweise in Bezug auf intergeschlechtliche Personen oder trans*-Personen. Das fand zwar leider keinen Eingang in den nun vorliegenden Aktionsplan, dennoch waren wir zunächst sehr froh darüber, dass überhaupt ein Aktionsplan auf den Weg gebracht wurde – für Sachsen eine Neuheit.
  • Bei der Umsetzung muss jedoch leider konstatiert werden, dass von den vielen schönen Worten nur wenige in tatsächliche „Aktionen“ übertragen worden sind. So wurden z.B. mehrfach Gelder für einen „Best-Practice-Preis“ im Haushalt eingestellt, ohne dass bisher eine Preisvergabe stattgefunden hat. Gleiches gilt für den Gleichstellungsaward, auch hier wurden noch keine Haushaltsmittel abgerufen.
  • Um eine konsequente Umsetzung des bestehenden Aktionsplanes und eine gleichzeitige Fortentwicklung sicherzustellen, haben wir als Fraktion in den Haushaltsberatungen Gelder für eine Personalstelle eingeplant, die die Umsetzung des Aktionsplanes hauptamtlich begleiten und voranbringen soll. Leider wurde diesem Haushaltsantrag nicht gefolgt.
  • Wir werden auch in der Zukunft sehr genau darauf achten, welche Maßnahmen wann und wie umgesetzt werden und bei Verzug oder dem Nicht-Einhalten der Maßnahmen des Aktionsplans deren Umsetzung einfordern. In den Haushaltsverhandlungen werden wir auch im Jahr 2021 dafür streiten, dass Gelder für die Maßnahmen und vor allem auch eine Weiterentwicklung bereitgestellt werden.

1.2. Welche Vorschläge haben Sie, um sicherzustellen, dass LSBTI*-Beratungs- und Unterstützungsprojekte in Sachsen eine langfristige und auskömmliche Finanzierung erhalten? 

  • Bereits in den Haushaltsverhandlungen zum aktuellen Doppelhaushalt haben wir gefordert, dass die Mittel für die Förderrichtlinie „Chancengleichheit von Frau und Mann und der Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt“ deutlich erhöht werden. Denn die Überarbeitung der Richtlinie diente ja dem Zweck, dass das Beantragen von Geldern erleichtert wird – das macht nur Sinn, wenn im Endeffekt auch mehr Gelder zu Verfügung stehen.
  • Wir setzen uns dafür ein, dass mehr Gelder für die Arbeit der Freien Träger, insbesondere auch im Bereich Gleichstellung und LSBTIQ*, zur Verfügung gestellt werden. Alle freien Träger ächzen unter den hohen Eigenanteilen, die zu leisten sind. Für uns ist es ein völliges Unding, Trägern der sozialen Arbeit oder Jugendarbeit, Eigenanteile in Höhe von 10% abzuverlangen, obwohl ihr Auftrag darin besteht, Bildungsarbeit, Vernetzung, Beratung und Begegnung zu leisten. Das Generieren von Einnahmen gehört in unseren Augen nicht zum Auftrag dazu. Daher wollen wir, dass Träger der Sozialen Arbeit eine 100 %-ige Förderung erhalten, denn das Erbringen von Eigenmitteln stellt kein Qualitätsmerkmal dar, im Gegenteil, kann es so dazu führen, dass wichtige Arbeitszeit gebunden ist, um lukrative Angebote auszurichten, anstatt notendige Arbeit vor Ort zu verrichten.
  • Daher wollen wir die Eigenanteile abschaffen und eine langfristige Förderung sicherstellen, die es auch den Vereinen und Beschäftigten ermöglicht, länger als ein Jahr zu planen. Dass sich die Beschäftigten der geförderten Vereine in der Regel von Jahresvertrag zu Jahresvertrag hangeln, ist aus unserer Sicht eine Zumutung. Wir wollen den Beschäftigten und den Vereinen durch langfristige Förderungen Planungssicherheit und Verlässlichkeit geben und ihnen damit nicht zuletzt auch unsere Wertschätzung ausdrücken. 
  1. Respekt und Vielfalt in Schule und Bildungsarbeit vermitteln 

Schulen sollen Orte sein, an denen sich alle Schüler*innen sicher und wertgeschätzt fühlen. Dies ist jedoch oft nicht der Fall. So sind für LSBTI*-Kinder und Jugendliche an vielen Schulen Ausgrenzung und Mobbing ein Problem – mitunter bis zu Gewalt. Ausgrenzung, Einschüchterung und der Zwang, sich zu verleugnen, bedeuten starke psychische Belastungen. Gesellschaftliche Vielfalt gehört zum heutigen Alltag und Schule muss darauf vorbereiten. Das ist originär Bestandteil ihres Bildungsauftrags, damit Kinder und Jugendliche ein positives und akzeptierendes Selbstbild entwickeln und sich gegen Diskriminierungen behaupten können. 

2.1. Wie wollen Sie LSBTI*-Themen in die Rahmenlehrpläne / Curricular aller Schularten verankern? 

  • Demokratie muss in der Schule alltäglich gelebt werden. Dabei legt die demokratische Schule Wert auf das Erlernen einer moralischen Haltung, einem respektvollen Umgang miteinander und eine Befähigung zum Dialog mit anderen. Die Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung mit sich selbst, mit anderen und mit dem gesellschaftlichen Umfeld steht im Vordergrund. Teil dessen ist es auch, die Kinder und Jugendlichen darin zu stärken, diskriminierungsfrei miteinander umzugehen sowie aktiv gegen Diskriminierung vorzugehen.
  • Um das verwirklichen zu können, müssen in unseren Augen selbstverständlich –LSBTIQ-Themen in die Rahmenlehrpläne aufgenommen werden. Die Geschlechtervielfalt, interkulturelle und sozialpolitische Inhalte sollen in das Lehramtsstudium einfließen. Darüber hinaus sollen Lehrkräfte regelmäßig Fortbildungen wahrnehmen können, bei denen die Themen Antidiskriminierung, das Herstellen einer offenen Atmosphäre im Klassenzimmer sowie das Vorgehen gegen Mobbing wichtige Bestandteile sein sollen. Zudem wollen wir dafür sorgen, dass alle Schulen flächendeckend und dauerhaft mit Schulsozialarbeiter*innen versorgt sind, die ebenso dazu beitragen können und sollen, dass Schulen zu diskriminierungsfreien Orten werden – was leider heute in weiten Teilen noch nicht der Fall ist. Auch der schulpsychologische Dienst muss ausgebaut werden.
  • Um die Lehrkräfte darüber hinaus effektiv zu entlasten, fordern wir den Einsatz von Schulkrankenschwestern und –pfleger*n sowie Verwaltungsassistent*innen und technischem Personal in Form von hauptberuflichen IT-Verantwortlichen zur Unterstützung der Digitalisierung an den Schulen. Lehrkräfte sollen sich voll und ganz auf ihre eigentlichen Tätigkeiten konzentrieren können.
  • Die Lehrpläne müssen an die Erfordernisse unserer Zeit angepasst werden. Neben einem soliden Basiswissen benötigen Schüler*innen vor allem analytische Fähigkeiten und Kompetenzen wie Sozialkompetenz, Selbständigkeit, Selbstbewusstsein und einen sicheren Umgang mit Medien, um gut auf das Leben im digitalen Zeitalter vorbereitet zu sein. Dazu gehört der Erwerb von Medienkompetenz, wie auch eine Aufwertung geschlechtersensibler Bildung für Akzeptanz. Sämtliche Lehr- und Lernmaterialien sind auf diskriminierende und ausgrenzende Inhalte zu prüfen. Denn ebenso wichtig wie das Erlernen von Fachwissen und dem Lernen zu lernen, ist es das Erlernen eines respektvollen Umgangs miteinander, dem fairen Austragen von Konflikten, der Befähigung zum Einschreiten gegen Ungerechtigkeiten.
  • Darüber hinaus sprechen wir uns dafür aus, Vereinen, die seit Jahren Schulaufklärungsprojekte mit dem Fokus LSBTIQ* anbieten und durchführen, langfristig und auskömmlich zu finanzieren. 

2.2. Welche Ideen haben Sie, um sicherzustellen, dass vielfaltsabbildende Unterrichtmaterialien (bspw. Schulbücher und Arbeitsblätter) für Lehrkräfte und Erziehende im Vorschulbereich, sowie in der Sekundarstufe 1 und 2 angeboten werden? 

  • Hier gibt es zahlreiche positive Beispiele, wie bereits mit Kindern im Kita-Alter mit spielerischen Methoden vielfältige Lebens- und Familienformen thematisiert werden können. Ganz basale Dinge, wie die Darstellung von Personen und Familien in Unterrichtsmaterialien, z.B. Ein-Elternfamilien ebenso wie Regenbogen- oder Patchworkfamilien oder die Darstellung von Tätigkeiten, die die Personen ausüben, können bereits dazu beitragen, Rollenklischees abzubauen und Familienvorstellungen vielfältig und gleichwertig abzubilden. Diese sollten viel mehr Eingang in den Unterricht finden. 

2.3. Werden Sie dafür sorgen, dass das Thema „Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt“ in die pädagogische Aus- und Fortbildung von Lehrkräften, Erziehenden und Sozialpädagog*innen Eingang findet und entsprechende Seminare regelmäßig angeboten werden? 

  • Klares Ja! Die Themen Antidiskriminierung und der Umgang mit Diskriminierung oder gar Mobbing müssen insgesamt einen höheren Stellenwert in der Ausbildung von pädagogischem Personal bekommen, in Kita, Hort, Schule und Jugendclub. 

2.4. In Österreich gab es heftige Kritik an dem Aufklärungsworkshops des christlich-fundamentalistischen Vereins Teenstar. Dieser Verein ist unter dem Namen Teenstar Deutschland auch in Sachsen aktiv und war bereits an sächsischen Grundschulen. Wollen Sie dafür sorgen, dass religiös-fundamentalistische Organisationen und Initiativen wie beispielsweise Teenstar Deutschland keinen Zugang zu Schulen und Bildungseinrichtungen in der Verantwortung des Freistaates Sachsen bekommen? 

  • Der Einflussnahme von Religionsgemeinschaften ebenso wie von Unternehmerverbänden und unternehmensnahen Institutionen muss Einhalt geboten werden. Christlich-fundamentalistische Vereinigungen haben an Schulen nichts zu suchen.  Auf Aktivitäten von „TeenSTAR“ in Sachsen sind wir bereits aufmerksam geworden und haben umgehend mit einer Anfrage an die Staatsregierung (Drs 6/17496) reagiert. Der Zugang von TeenSTAR – oder anderen Vereinigungen mit dieser Ausrichtung – muss unserer Auffassung nach an Schulen unterbunden werden.
  • Den konfessionellen Religionsunterricht wollen wir zudem durch einen überkonfessionellen Ethikunterricht für alle Schüler*innen ersetzen. 
  1. Diskriminierung und Hassgewalt entgegenwirken 

Diskriminierung und Anfeindungen gegenüber LSBTI* im Alltag sind noch nicht überwunden. Anfeindungen in der Öffentlichkeit gehören für viele LSBTI* immer noch zur Lebensrealität. Oftmals schränken sie sich in der Öffentlichkeit ein, um nicht als LSBTI* aufzufallen und zum Angriffsziel zu werden. Homo- und transfeindliche Gewalt richtet sich jedoch nicht nur gegen LSBTI*, sondern auch gegen all jene, denen eine Zugehörigkeit zu dieser gesellschaftlichen Gruppe zugeschrieben wird. 

3.1. Welche Maßnahmen planen Sie, um das Anzeigeverhalten von LSBTI* zu stärken, die Opfer hass- bzw. vorurteilsmotivierter Straftaten wurden? 

  • Zunächst einmal setzen wir uns dafür ein, dass in der polizeilichen Kriminalstatistik Straftaten im Zusammenhang mit Hasskriminalität eindeutig erfasst werden. Die Polizeikräfte ebenso wie die Beschäftigten der Justiz müssen in dieser Hinsicht sensibilisiert und geschult werden, um entsprechende Zusammenhänge überhaupt zu erkennen, die Betroffenen angemessen zu unterstützen und Hürden abzubauen, Straftaten auch tatsächlich anzuzeigen. 

3.2. Unterstützen Sie die Benennung von hauptamtlichen Ansprechpersonen für LSBTI* bei der Landespolizei und bei den Staatsanwaltschaften in Sachsen? 

  • Ja, die Benennung einer Ansprechperson für LSBTIQ* unterstützen wir. Darüber hinaus fordern wir, dass alle Polizeikräfte entsprechend geschult und sensibilisiert werden. 

3.3. Berlin ist derzeit das einzige Bundesland, dass jährlich Zahlen zu homo- und transfeindlicher Hasskriminalität veröffentlicht. Werden Sie in Ihrer Amtszeit dafür sorgen, dass diese Zahlen auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik für Sachsen extra ausgewiesen werden? 

  • Das fordern wir seit Jahren auch in Sachsen, wir werden uns weiterhin dafür stark machen. 
  1. Familienvielfalt stärken 

Tausende Kinder wachsen derzeit in Deutschland in Familien mit mindestens einem lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans- und/oder intergeschlechtlichem Elternteil auf. Eine moderne Familienpolitik sollte alle Menschen unterstützen, die Kindern in ihrem Leben einen Platz geben und ihnen helfen zu wachsen und sich gut zu entwickeln. Es gibt vielfältige Formen von Familie. Regenbogenfamilien gehören genauso dazu, wie Mehrelternmodelle oder auch Alleinerziehende.

4.1. Was wollen Sie tun, um das Bewusstsein für einen sach- und zeitgemäßen Umgang mit Regenbogenfamilien in Institutionen der Familienplanung bzw. ‑hilfe oder des Familienalltags in Sachsen zu fördern? 

  • Für uns ist Familie dort zu fördern und zu unterstützen, wo sie stattfindet – unabhängig von der konkreten Familienkonstellation. Daher lehnen wir die Fokussierung auf bestimmte Familienformen strikt ab, denn für uns stehen alle Familien gleichwertig nebeneinander, egal ob es sich um ein- oder zwei-Elternfamilien handelt, um gleich- oder verschiedengeschlechtliche Elternpaare, um leibliche Kinder oder nicht-leibliche Kinder, ob Patchwork-Familien, verheiratete/ verpartnerte oder unverheiratete Eltern. Die Förderung z.B. durch steuerliche Begünstigung oder finanzielle Förderung von Kinderwunschbehandlungen wollen wir allen Familien zugutekommen lassen. Daher setzen wir uns dafür ein, dass sich Familienangebote und –förderungen an den tatsächlichen Bedarfen orientieren und steuerliche Begünstigungen oder Entlastungen allen Familien zugutekommen.
  • siehe auch Antwort auf Frage 2.2. 

4.2. Welche Schritte planen Sie, um dafür zu sorgen, dass die assistierte Reproduktion und weitere Leistungen der Fortpflanzungsmedizin allen Menschen unabhängig von Familienstand, sexueller Orientierung oder geschlechtlicher Identität offenstehen? 

  • Es ist absurd, dass Elternpaare zur Realisierung ihres Kinderwunsches für eine Kinderwunschbehandlung in andere Bundesländer oder gar ins Ausland fahren müssen. Wir stehen dafür ein, dass auch in Sachsen die Durchführung und Förderung der Kinderwunschbehandlung gleichgeschlechtlichen Elternpaaren offensteht, dazu sind bestehende Vorgaben wie die ausschließliche Verwendung von Ei- und Samenzellen der werdenden Eltern (was Gleichgeschlechtliche Eltern ausschließt) zu streichen. Ebenso wie die Gleichbehandlung von gleich- und verschiedengeschlechtlichen Elternpaaren z.B. bei der Aufnahme von Pflege- und Adoptivkindern. 
  1. Respekt und Akzeptanz von LSBTI* in der sächsischen Arbeitswelt erhöhen 

Die Akzeptanz von LSBTI* in der Arbeitswelt ist deutlich gestiegen. LSBTI*-Beschäftigte erleben jedoch am Arbeitsplatz leider immer noch Ausgrenzung, Mobbing und Diskriminierung. Viele Institutionen und Positionen sind offen schwul oder lesbisch lebenden Menschen faktisch weiterhin verschlossen. Nicht wenige fühlen sich immer noch genötigt, ihre sexuelle Orientierung zu verbergen und ein Doppelleben mit heterosexueller Fassade zu führen, insbesondere am Arbeitsplatz. Trans- und intergeschlechtliche Menschen machen ähnliche Erfahrungen. Es gilt eine diskriminierungsfreie Arbeitswelt zu verwirklichen. 

5.1. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um die Regenbogenkompetenz – d.h. den professionellen und diskriminierungsfreien Umgang mit Themen der sexuellen und geschlechtlichen Vielfalt – von Führungskräften im sächsischen Landesdienst zu erhöhen? 

  • In allen Lebensbereichen müssen wir immer wieder aktiv für eine diskriminierungsfreie Umgebung eintreten. Der öffentliche Dienst sollte dabei eine Vorbildfunktion einnehmen, daher setzen wir uns hier für ein anonymes Bewerbungsverfahren ein, ebenso wie für regelmäßige Weiterbildung insbesondere für Führungskräfte mit Personalverantwortung zum Thema Antidiskriminierung und Mobbing. 

5.2. Beabsichtigen Sie Maßnahmen zu ergreifen, um bei privatwirtschaftlichen Unternehmen und kirchlichen Trägern für die Akzeptanz von vielfältigen Lebensweisen und Identitäten zu werben und ein diskriminierungsfreies Arbeitsumfeld zu fördern? Falls ja, welche konkreten Ideen haben Sie hierzu? 

  • Wir wollen dafür sorgen, dass der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel voran geht.
  • Außerdem haben wir uns dafür stark gemacht, dass in Sachsen weitere Antidiskriminierungsbüros eröffnen, die Betroffene von Diskriminierung unterstützen und gegebenenfalls auch rechtliche Möglichkeiten aufzeigen, gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz vorzugehen. Wir werden in jedem Fall dafür kämpfen, dass diese Struktur mindestens erhalten bleibt.  
  1. Vielfalt im Sport stärken – gleichberechtigte Teilhabe fördern 

Auch wenn viele Fußball- und Sportvereine auf Profi- und Amateurebene mittlerweile aktiv Homo- und Transfeindlichkeit entgegenwirken, kommt es in den Stadien und auf Sportplätzen immer wieder zu homo- und transfeindlichen Entgleisungen. In Sporthallen und auf Fußballplätzen werden abwertende Einstellungen geprägt und verstärkt. Wir brauchen in Sachsen ein nachhaltiges Programm gegen Homo- und Transfeindlichkeit im Sport. 

6.1. Werden Sie sich zukünftig dafür einsetzen, dass im Sport Antidiskriminierungsregeln, Vereinssatzungen und Stadionordnungen in der Art ergänzt werden, dass keine Person aufgrund ihrer sexuellen und/oder geschlechtlichen Identität diskriminiert werden darf und die Sportarten allen Menschen gleichsam offenstehen? 

6.2. Wie wollen Sie dafür sorgen, dass das Thema „Akzeptanz von vielfältigen Lebensweisen und Identitäten“ auch in Sportvereinen, Landesfachverbänden, Kreis- und Stadtsportbünde sowie weitere Sportinstitutionen in Sachsen ankommt? 

  • Antwort (6.1. und 6.2.): Grundsätzlich stehen wir für einen respektvollen Umgang, das schließt natürlich mit ein, dass in den verschiedensten Professionen für besondere Belange von Menschen sensibilisiert werden muss. Dazu zählt selbstverständlich auch der Sport, sowohl im Verein als auch im Stadion. Leider haben sich in der Vergangenheit Sportstadien und Sportvereine immer wieder negativ hervorgetan in Sachen Diskriminierung von LSBTIQ*. Wir setzen uns für Respekt im Sport ein und unterstützen entsprechende Projekte und Initiativen. 
  1. Queere Geflüchtete schützen – LSBTI*-inklusive Integration sicherstellen 

In zahlreichen Ländern dieser Welt droht LSBTI* Gefahr für Freiheit, Leib und Leben. Einige fliehen vor Verfolgung und Unterdrückung nach Deutschland. Noch immer gibt es beträchtliche Hürden für verfolgte LSBTI* in Deutschland anerkannt zu werden. Damit für sie faire und qualifizierte Asylverfahren tatsächlich gewährleistet sind, muss ihre Situation kultursensibel und kompetent berücksichtigt werden. Auch unter den in Sachsen lebenden Migrant*innen gibt es LSBTI*. Sie erfahren häufig auch rassistische Diskriminierung, nicht selten auch in der LSBTI*-Community.

7.1. Wie wollen Sie sicherstellen, dass die standortspezifische Betreuung von LSBTI*-Geflüchteten und die Sensibilisierung der Gesellschaft für dieses schutzbedürftige Gruppe weiterhin gefördert wird? 

7.2. Wie wollen Sie dem Thema Mehrfachdiskriminierung von LSBTI*-Migrant*innen begegnen? 

  • Antwort (7.1. und 7.2.): Bereits in dieser Wahlperiode haben wir uns dafür eingesetzt, dass Geflüchtete mit besonderem Schutzbedarf vor Diskriminierung geschützt werden, z.B. auch in dem sie nicht in großen Sammelunterkünften leben müssen, wenn sie dort Diskriminierungen ausgesetzt sind. Das werden wir selbstverständlich auch weiterhin tun. Darüber hinaus wurde das bestehende Netz von Vereinen und Strukturen um das Thema Interkulturalität, Flucht und Asyl erweitert, so dass keine Parallelstrukturen entstehen, sondern Geflüchtete alle bestehenden Angebote nutzen können. In den bestehenden Strukturen muss natürlich Interkulturelle Kompetenz entwickelt und ausgebaut werden. Dabei muss ein besonderes Augenmerk auf Mehrfachdiskriminierung gelegt werden. 
  1. Akzeptanz von Vielfalt in allen Lebensaltern verwirklichen 

Zwischen schulischen, familiären und gesellschaftlichen Anforderungen, Erwartungen und Abhängigkeiten haben Jugendliche besondere Herausforderungen und Konflikte zu meistern. In dieser Phase fällt für LSBTI* zumeist ihr Coming-out. Ihre Lebenssituation wird daher zusätzlich durch den gesellschaftlichen, schulischen und elterlichen Umgang mit sexueller und geschlechtlicher Vielfalt geprägt. Ähnliches gilt für die Gruppe der älteren und alten LSBTI*. Einschränkungen von Mobilität und Gesundheit führen zu Verlust von Autonomie und sozialen Kontakten, der für LSBTI* aufgrund ihrer sexuellen und geschlechtlichen Identität massive Auswirkungen hat. Sowohl die Angebote der offenen Altenhilfe als auch die ambulanten und stationären Angebote sind zumeist nicht für die Bedürfnisse und Lebenslagen älterer LSBTI* ausgerichtet. Das Recht auf ein angstfreies und offenes Leben sollte jedoch in allen Lebensphasen verwirklicht werden. 

8.1. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um eine kultursensible Unterstützung, Pflege und Versorgung von älteren LSBTI* zu gewährleisten? 

  • Grundsätzlich stehen wir für einen respektvollen Umgang, das schließt natürlich mit ein, dass in den verschiedensten Professionen für besondere Belange von Menschen sensibilisiert werden muss. Dazu zählen selbstverständlich auch der Pflege- und Gesundheitsbereich. Gerade bei der Pflege und Versorgung älterer Menschen zeigen sich immer wieder Probleme mit mangelnder Sensibilität und teilweise Vorurteilen. Diese müssen abgebaut werden.
  • So unterstützen wir die Vergabe des Qualitätsiegel »Lebensort Vielfalt«, welches erstmalig an ein Berliner Senior*innenzentrum vergeben wurde.

8.2. Wie wollen Sie sicherstellen, dass junge Menschen im Coming-out Unterstützung erhalten? 

  • Eine Sensibilisierung von pädagogischem Personal in Kita, Hort, Schule und Jugendclub auf die Bereiche Coming Out, Geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung muss unbedingt verstärkt werden. Schulen, Jugendclubs, Sportvereine u. ä. müssen ein Klima schaffen und immer wieder neu herstellen, in dem Vielfalt Alltag ist. Jugendliche müssen sicher sein können, dass sie angenommen werden, so wie sie sind und bei Anfeindungen, Ausgrenzung oder Mobbing in Lehrkräften und Betreuer*innen immer Ansprechpersonen finden, die Hilfe und Unterstützung leisten.
  • Gleichzeitig stehen wir dafür, die bestehenden LSBTIQ*-Strukturen auszubauen und verlässlich und langfristig mit Personal und Ressourcen auszustatten.   
  1. Geschlechter- und diversitätsgerechte Gesundheitsversorgung sicherstellen 

Die historische und bis in die Gegenwart anhaltende Stigmatisierung und Pathologisierung von LSBTI* fügen Menschen schweren Schaden zu. Psychiatrie und Medizin sowie alle im Gesundheitswesen tätigen Menschen, Organisationen und Institutionen müssen LSBTI* vorurteilsfrei gegenübertreten. Menschen im Gesundheitsbereich befürchten oft negative Reaktionen, wenn sie ihre sexuelle und/oder geschlechtliche Identität ansprechen müssen. Das beeinträchtigt die gesundheitliche Versorgung. In der Aus- und Fortbildung im Gesundheitswesen sind generell Themenbereiche wie gleichgeschlechtliche Lebensweisen, Trans- und Intergeschlechtlichkeit sowie die Auswirkungen von Homo- und Transfeindlichkeit stärker zu berücksichtigen. Diskriminierung kann krank machen. 

9.1. Welche Maßnahmen wollen Sie ergreifen, um bei medizinischen Fachkräften auf eine Bewusstseinsbildung für die spezifischen Bedürfnisse von trans- und intergeschlechtlichen Menschen hinzuwirken? 

  • Bereits in dieser Wahlperiode haben wir mit verschiedenen parlamentarischen Initiativen und Sachverständigenanhörung z.B. auf die Thematik Geschlechtskorrigierender Operationen bei Inter*Personen aufmerksam gemacht. Wir setzen uns zudem dafür ein, dass der Landesaktionsplan fortgeschrieben wird und hier ein stärkerer Fokus auf trans- und inter*-Personen und damit zusammenhängende besondere Bedürfnisse gelegt wird.
  • Grundsätzlich stehen wir für einen respektvollen Umgang, das schließt natürlich mit ein, dass in den verschiedensten Professionen für besondere Belange von Menschen sensibilisiert werden muss. Dazu zählen selbstverständlich auch der Pflege- und Gesundheitsbereich.
  • Siehe auch Antwort auf Frage 8.1.  

9.2. Wollen Sie dafür sorgen, dass der Bereich „Kultursensibler Umgang mit LSBTI* Klient*innen in Versorgung und Pflege“ in die Aus- und Weiterbildung von Mediziner*innen und Mitarbeitenden aus Pflege- und Gesundheitsbereichen integriert wird? Wenn ja, Vorhaben umsetzen? 

  • Ja, die Sensibilisierung des pflegerischen und medizinischen Personals halten wir für unbedingt notwendig. Wir setzen uns dafür ein, dass dies ein fester Bestandteil von Ausbildung und Studium wird. Grundsätzlich stehen wir für einen respektvollen Umgang, das schließt natürlich mit ein, dass in den verschiedensten Professionen für besondere Belange von Menschen sensibilisiert werden muss. Dazu zählen selbstverständlich auch der Pflege- und Gesundheitsbereich. 
  1. Keine Zusammenarbeit mit homophoben und transfeindlichen Parteien 

10.1 Mit welchen Parteien werden Sie in der neuen Legislaturperiode nicht zusammenarbeiten bzw. Koalitionsgespräche führen? 

  • Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließen wir aus. Die AfD hetzt gegen Minderheiten, versucht Menschen und Gruppen gegeneinander auszuspielen, profiliert sich auf Kosten anderer, unterstützt und fördert rechtsradikale Strukturen, und zeigt immer wieder durch ihr Menschenbild eine antidemokratische Grundhaltung, daher schließen wir eine Zusammenarbeit grundsätzlich aus.