Susanne Schaper und Stefan Hartmann als freigestellte Fotos. Dazu das Zitat "Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und Positionen"

Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und Positionen

Liebe Genossinnen und Genossen,

das neue Jahr zählt schon ein paar Tage und begann insofern verzögert, als am 2. Januar – einem Montag – an den Schulen, in vielen Kitas und auch auf Baustellen noch nix los war. Das ist ein weiteres Argument dafür, endlich auch in Sachsen Feiertage nachzuholen, die auf ein Wochenende gefallen sind. Zuletzt betraf das den ersten Weihnachtsfeiertag und den Neujahrstag. In zahlreichen Ländern, darunter Großbritannien oder Spanien, geschieht das längst, ohne dass dadurch wirtschaftliche Schäden eingetreten wären. Nicht nur dafür braucht es eine starke LINKE im Parlament.

Die Kampagne zum „heißen Herbst“, die Proteste gegen die unsoziale und wenig nachhaltige Krisenpolitik der Ampel-Koalition, startete in Sachsen vielversprechend mit der Demonstration in Leipzig am 5. September 2022. Schon beinah ein Jahr zuvor, im Winter 2021, hatten Landtagsfraktion und Landesverband die Brisanz dieses Themas erkannt und beschlossen, es in Form einer Kampagne aufzunehmen. Wir möchten an dieser Stelle allen Genossinnen und Genossen nochmal herzlichst danken, die sich mit viel Engagement und Herzblut an der Kampagne beteiligen. Der sächsische Landesverband ist in dieser Hinsicht bundesweit einer der aktivsten.

Protest ist das eine, konkrete Hilfe der nächste Schritt. Gerade in diesen Zeiten geraten viele Menschen – oft unverschuldet – in schwierige Situationen. Wir wollen den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite stehen: Durch eigene Angebote oder in Kooperation mit Vereinen, Selbsthilfegruppen oder Rechtsanwält*innen. Sachsenweit öffnen wir die Türen unserer Büros und bieten Sozial- und Rechtsberatungsangebote an. In über 50 % der Widersprüche wurde diesen ganz oder teilweise recht gegeben. Auch bei Klagen gegen die Entscheidungen gingen diese fast 50 % zugunsten der Bürger*innen aus. Deshalb: Nicht verzagen – die LINKE fragen.

Liebe Genoss*innen, der Zustand unserer Partei, zumindest an ihren Spitzen, erinnert eher an den von John Hobbes beschriebenen, durch ungehemmte egoistische Einzelinteressen getriebenen „Krieges aller gegen alle“, wie der Staatstheoretiker ihn im 17. Jahrhundert für den „Urzustand“ der menschlichen Gesellschaft hielt. Wundert es da, dass die Menschen uns das Vertreten dieser Werte in der „großen Politik“ nicht zutrauen? Zumal diese Auseinandersetzung oft in aller Öffentlichkeit ausgetragen werden. Auch auf die Gefahr hin, uns zu wiederholen: Wir erneuern unseren Aufruf, endlich zu Vernunft und Verantwortung zurückzukehren. DIE LINKE als plurale Sammlungsbewegung ist eine historisch einmalige Chance, die nicht einfach so verspielt werden darf. Weder glauben wir der Erzählung, dass sich unsere Lage bessern würde, wenn nur diese oder jene Person bzw. Gruppe nicht mehr Teil der Partei sei. Noch scheint es uns realistisch, dass eine auf den Fundament von Beliebtheitswerten Einzelner geschaffene Neugründung langfristig Erfolg in der politischen Landschaft dieses Landes hätte. Die Einheit der Partei ist für uns nicht verhandelbar, sondern grundlegende Voraussetzung des Wiedererstarkens. Jenseits davon sehen wir nur den Abgrund des Zirkelwesens und der voraussichtlich jahrzehntelangen Bedeutungslosigkeit linker Kräfte in dieser Gesellschaft. Abschreckende Beispiele hierfür gibt es in anderen europäischen Staaten zuhauf.

Wir begrüßen daher Initiativen wie die von Gregor Gysi, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen und einen nachhaltigen, tragfähigen, die Einheit der Partei wahrenden Kompromiss zu schmieden. Grundlegend hierfür halten wir die Bereitschaft zu einem radikalen Wandel im innerparteilichen Miteinander und in der Debattenkultur sowie die Rückbesinnung auf gemeinsame Werte und Positionen, also auf Schnittmengen, die unserer Meinung nach viel größer sind als das Trennende, das aber in der derzeitigen Auseinandersetzung immer wieder in den Vordergrund gezerrt wird.

Weiterhin muss die innerparteiliche Demokratie wieder stärker respektiert werden. Insbesondere Amts- und Mandatsträger*innen bzw. Genoss*innen, die stark im Fokus der Öffentlichkeit stehen, sind dazu angehalten, sich in ihrem Wirken an demokratischen Beschlüssen der Partei zu orientieren, selbst wenn sie diese persönlich nicht vollumfänglich teilen sollten. Innerhalb der Gremien und Foren der Partei können – und müssen auch vielmehr – die strittigen Fragen sachlich hart, aber menschlich respektvoll und solidarisch diskutiert werden. In der Öffentlichkeit müssen wir aber mit einer Stimme sprechen. Das hat nichts mit dem Unterwerfen abweichender Meinungen unter eine „Generallinie“ zu tun, sondern mit Respekt für demokratische Mitbestimmungsrechte aller Genoss*innen, die nicht durch Sendezeiten und Reichweiten in den Medien, über die nur Einzelne verfügen, unterlaufen werden dürfen.

Für etliche Landesverbände stehen wichtige Landtagswahlen an, die darüber entscheiden werden, ob wir unsere seit 2005 hart errungene bundesweite Verankerung in der politischen Landschaft verteidigen können. In Sachsen selbst stehen die Vorbereitungen für das Superwahljahr 2024 auf der Agenda, in dem Europa‑, Kommunal- und Landtagswahlen stattfinden, die für unsere weitere politische Zukunft von enormer Wichtigkeit sind. Was wir in diesem Zusammenhang voranbringen wollen, ist ein inhaltlicher Klärungsprozess, auf Grundlage dessen Ergebnis der Kampf für ein starke LINKE mit aller Kraft zu führen sein wird. Mit dem Beschluss über die Durchführung eines Parteikonvents am 29. April in Leipzig,  hat der Löbauer Landesparteitag eine wichtige Weiche gestellt. Eingeladen werden alle, die an einem offenen, konstruktiven Austausch über die Zukunft der Partei interessiert sind. Angestrebt wird eine Debatte, bei der erfahrene Mitglieder, Neumitglieder und diejenigen, die nicht allzu oft zu Wort kommen, einbezogen werden. Die Ergebnisse der Debatten werden als Selbstverständnis der Landespartei in die Präambel unseres Wahlprogramms einfließen und können die Grundlage für Wahlkampfmaterial bilden.
Weiterhin sind diese Wahlen natürlich organisatorisch vorzubereiten und geeignete Kandidat*innen innerhalb und außerhalb der Partei zu finden sowie diese für eine Kandidatur zu gewinnen. Es steht also eine Menge Arbeit bevor.

Wir möchten nochmals allen Genoss*innen danken, die im vergangenen Jahr, trotz aller Widrigkeiten, der Partei die Treue gehalten haben. Ohne euer zumeist ehrenamtliches Engagement und euren Idealismus gäbe es unsere Partei nicht. Wir wünschen euch und euren Angehörigen noch eine guten Start ins neue Jahr 2023, das sowohl für die Welt, als auch unsere Partei ein besseres sein möge. „Es setzen sich nur so viel Wahrheiten durch, als wir durchsetzen; der Sieg der Vernunft kann nur der Sieg der Vernünftigen sein“, schrieb Bertolt Brecht im „Leben des Gallilei“ 1939. Wahrheiten wie soziale Gerechtigkeit und Frieden, ob nun in der Welt oder in der Partei, brauchen die Vernünftigen, die sie durchsetzen. Wir hoffen, dabei weiter auf euch zählen zu können.

Mit solidarischen Grüßen

Susanne Schaper & Stefan Hartmann
Landesvorsitzende DIE LINKE. Sachsen

(Mitgliederbrief DIE LINKE. Sachsen Januar 2023)