ZU sehen ist eine Stimmkarte, die auf einer Versammlung nach oben gehalten wird
(c) DIE LINKE. Sachsen

LVV: Große Aufregung um profanen Vorgang

Im Nachgang unserer LandesvertreterInnen-Versammlung machte unter anderem ein Tweet von MDR Aktuell die Runde, in dem es hieß, beim ersten Wahlgang zur Wahl von Listenplatz 1 unserer Landesliste seien »mehr Stimmen abgegeben worden als Delegierte da waren«. Damit machen diverse (Troll-)Accounts in den sozialen Netzwerken Stimmung – unter anderem gegen die Briefwahl (die damit im übrigen nichts zu tun hat). Allein das Bild von einem indonesischen Account auf Facebook wurde (Stand 28.04.21, 13:28 Uhr) 476x geteilt.

Die Darstellung entspricht so nicht den Tatsachen und mit Bundestagswahl oder Briefwahl hat das alles nichts zu tun.

Wir erklären das Geschehen hier ausführlich:

Im Rahmen von Parteitagen und Aufstellungsversammlungen (hier: VertreterInnen-Versammlung) kommen gewählte Delegierte zusammen um abzustimmen oder zu wählen. Diese müssen sich zu Beginn der Versammlung anmelden. Bei diesem Anmelde-Procedere passieren drei Dinge:

  1. Die Delegierten erhalten ein kleines Plastikschild, das sie sich anheften können
  2. Die Delegierten erhalten eine Stimmkarte (kennt man von Parteitags-Fotos)
  3. Die Delegierten werden in eine Tabelle eingetragen (eingecheckt)

Anhand der Tabelle (Punkt 3) ermittelt die Mandatsprüfungskommission die Zahl der angemeldeten Delegierten und verkündet dies der Versammlung.

Auf unserer LandesvertreterInnen-Versammlung verkündete die Mandatsprüfungskommission zunächst 155 angemeldete Delegierte.

Beim ersten Wahlgang zur Wahl von Listenplatz 1 zählte die Wahlkommission 156 Wahlzettel. Diese Zahl bestätigte sich auch nach erneutem Nachzählen. Damit lag die Zahl der abgegebenen Wahlzettel um einen Zettel höher, als die Zahl der nach Tabelle verkündeten Anwesenden. Daraufhin wurde dieser Wahlgang korrekterweise wiederholt, da die Ursache der Differenz noch unbekannt war. Im zweiten Wahlgang wurden allerdings erneut 156 Wahlzettel gezählt. Daraufhin vermutete die Wahlkommission, dass mindestens ein*e angemeldete und mit Stimmkarte und Plastikschild versehene Delegierte*r nicht in der Tabelle erfasst war. Daraufhin mussten sich alle Delegierte erheben. Es wurden folgend alle 155 Namen aus der Tabelle verlesen und genannte Personen sollten sich hinsetzen. Am Ende blieben zwei Personen stehen. Diese hatten sich angemeldet sowie Plastikschild und Stimmkarte erhalten, waren aber nicht korrekt in der zum Abgleich genutzten Tabelle hinterlegt. Dies wurde nachgeholt und die Tabelle war anschließend mit 157 Delegierten korrekt.

Genau für diese Fälle gibt es übrigens eine Mandatsprüfungskommission und ohne deren gewissenhafte Arbeit würde eine kleine Diskrepanz wie die genannte nicht auffallen.

Das heißt auch: Es wurden also zu keinem Zeitpunkt mehr Wahlzettel abgegeben, als Delegierte angemeldet waren, sondern zwischenzeitlich fehlten zwei (sonst korrekt angemeldete) Delegierte in der zum Ermitteln der Gesamtzahl verwendeten Tabelle.

Weitere Informationen:

Form der Wahl: Die Wahlen wurden wie auf vielen Parteitagen üblich durchgeführt: Mit normalen Wahlzetteln, die ausgefüllt und in eine Urne geworfen werden. Mit einer Briefwahl hat das ganze (abseits davon, dass es mit »Papier« und »Stift« vollzogen wird) nichts zu tun.

Warum gab es 157 Delegierte aber 156 Wahlzettel: Nicht alle anwesenden Delegierten müssen sich an Wahlen beteiligen. Es ist daher kein Problem, wenn weniger Wahlzettel abgegeben werden, als Delegierte angemeldet sind. Das passiert auf Parteitagen aller Parteien regelmäßig (jemand raucht, holt sich eine Bockwurst, hat sich irgendwo verquatscht oder sitzt mit Bauchschmerzen auf Toilette). Gerade in Wahlgängen, bei denen es keine konkurrierenden Kandidaturen gibt, ist das häufig der Fall.

Wie kam es dazu, dass jemand nicht in der Tabelle erfasst worden ist: Das kann hauptsächlich vier sehr profane Gründe haben. Grundsätzlich sind alle gewählten Delegierten vorher gemeldet und müssen nur noch mittels einer Suchmaske gesucht und einem Button »einchecken« eingeheckt werden. Dass das mal nicht klappt kann daran liegen, dass: a) durch das Personal an der Anmeldung schlicht vergessen wurde, den Button »einchecken« auch anzuklicken, dass b) nur vermeintlich geklickt wurde, dass c) die sich anmeldenden Delegierten nach Erhalt von Plastikschild und Stimmkarte zu flink davoneilen und vergessen werden, einzuchecken oder d) das WLAN im Objekt hakt und die Daten daher nicht korrekt übermittelt werden.