Was sagt DIE LINKE zu den Maßnahmen?

Zunächst: »Die Maßnahmen« sind letztlich viele verschiedene Maßnahmen. Einige davon sind bundesweit gleich, einige werden von den Bundesländern oder den Gemeinden geregelt. Einige Maßnahmen sind Regeln oder Einschränkungen, andere haben eher den Charakter von Angeboten oder Aufrufen (beispielsweise Händewaschen, Hygienetipps oder aufgestellte Desinfektionsspender). Da diese Maßnahmen sehr verschieden sind, muss man sie auch einzeln bewerten und kann nicht pauschal über »die Maßnahmen« sprechen.

Zur sachlichen Aus- und Bewertung von Maßnahmen hat unsere Landtagsfraktion eine Große Anfrage mit 326 Einzelfragen zu den Folgen der Corona-Pandemie eingereicht, die bis zum 25. November zu beantworten ist und danach umfangreich durch uns ausgewertet wird:

  • Coronavirus-Pandemie-Maßnahmen sachlich aufarbeiten: Solidarisches Miteinander für ein krisen-festes Sachsen zum Wohle aller organisieren! (Drucksache 7/3870)

Allerdings gibt es auch ganz klar einzelne Maßnahmen, die wir nicht teilen. Entweder, weil sie nicht gut durchdacht, nicht wirksam oder zu sehr die Grundrechte einschränken:

  • Beispiel Versammlungsrecht: Der Ministerpräsident hat angekündigt, dass er das Versammlungsrecht stark einschränken will. Das halten wir für falsch. Kundgebungen und Demonstrationen sind, mit entsprechenden Hygienekonzepten und mit deren Einhaltung, auch in Corona-Zeiten durchführbar.
  • Beispiel Schließung von zahlreichen Einrichtungen: Dazu hat unser Fraktionsvorsitzender Rico Gebhardt im Landtag erklärt: »Wir werden nicht umhinkommen, mit Hygienekonzepten wieder Normalität zuzulassen, wo immer das möglich ist. Dazu gehört der Besuch von Gaststätten und Kneipen, Museen, Theatern, Opern, Konzerthäusern, Messen, Kinos, Freizeitparks, Sportveranstaltungen, Schwimmbädern und Saunen und Fitnessstudios. Wohlgemerkt: mit Hygienekonzept. Mit Lockdowns erkaufen wir nur Zeit. Diese Zeit müssen wir aber wirklich nutzen, um weiter vorzusorgen.«
  • Beispiel Regelungen bei Beerdigungen: Ist ein Geistlicher anwesend, dürfen an einer Beerdigung bis zu 30 Personen anwesend sein. Ist kein Geistlicher anwesend, dürfen es nur zehn Personen sein.

Wir haben uns zudem übergeordnete Leitlinien gegeben, anhand derer wir die Maßnahmen beurteilen wollen:

  • 1. Die Maßnahmen müssen zielgerichtet, konsistent und nachvollziehbar sein. Nur das stellt sicher, dass die Maßnahmen a) treffsicher und damit erfolgreich sind, b) auf Verständnis stoßen sowie c) keine Maßnahmen ergriffen werden, die bei wenig Einfluss auf die Eindämmung hohe gesellschaftliche Kosten erzeugen.
  • 2. Die Maßnahmen müssen einheitlicher sein. Es gilt: Im nötigen Umfang allgemeine Regeln erlas-sen, aber lokal handeln. Jede Woche auf jeder Ebene neue Maßnahmen zu diskutieren und diese ggf. nach wenigen Tagen wieder zu verwerfen ist kein stringenter Umgang mit der Krise – das stiftet nur Verwirrung. Der Weg, mehr einheitliche Regelungen auf Bundesebene zu haben, die sich auf das Infektionsgeschehen vor Ort beziehen, ist richtig und wird von uns und der Mehrheit der Bevölkerung unter-stützt.
  • 3. Jede Maßnahme braucht eine soziale Abfederung und die „gesellschaftlichen Kosten“ müssen mitgedacht werden. Wo sonst bei vielen Gesetzesentwürfen die Kosten explizit mitgedacht werden, muss die Staatsregierung bei ihren Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung stärker auf die Nennung und Kompensation der gesellschaftlichen Kosten achten. Für jede Maßnahme soll daher künftig von vornherein mitgedacht werden, welche Menschen, Berufsgruppen oder Generationen durch die Regeln vor besonderen Herausforderungen stehen und welche Kosten auf die Gesellschaft, auf die Kommunen oder die Betroffenengruppen zukommen. Jede Maßnahme muss von Vorschlägen begleitet werden, wie soziale und wirtschaftliche Folgen für diese Gruppen abgefedert werden können.
  • 4. Die Maßnahmen müssen im Parlament diskutiert werden. Der Landtag muss als Vertretung der Bevölkerung vor den Entscheidungen der Regierung im Rahmen des Infektionsschutzes vorher einbezogen werden. Hier müssen die Maßnahmen gemeinsam, sachlich und in fairem Umgangston auch evaluiert werden.
  • 5. Sachsen und der Bund müssen jetzt in moderne technische Lösungen und Infrastruktur investieren. Die Corona-Warn-App, eigentlich gedacht, um die Gesundheitsämter zu entlasten und die Kontaktnachverfolgung zu vereinfachen, leistet noch nicht das, was sie leisten könnte. Hier muss dringend nachgerüstet werden, freilich innerhalb der Erfordernisse des Datenschutzes. Für eine bessere Akzeptanz der App und einen auch mit Blick auf künftige Weiterentwicklungen klaren Rahmen hinsichtlich Rechtssicherheit und Datenschutz braucht es endlich ein begleitendes Gesetz. Sachsen muss die Bundesmittel für Luftfiltersysteme abrufen und aufstocken und auch ein Luftfilter-Programm für die Schulen, Kitas und auch die Event- und Gastronomiewirtschaft auflegen. Der Freistaat muss nicht zu-letzt vor dem Hintergrund des Homeoffice-Bedarfs endlich den Breitbandausbau als öffentliche Daseinsvorsorge verstehen und den Netzausbau aktiv und mittels Landesgesellschaft vorantreiben.