Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Sächsischer Lehrerverband

1) Das sächsische Bildungssystem belegt regelmäßig vordere Plätze in Vergleichsstudien. Als wesentliche Gründe werden die gute Arbeit der Lehrkräfte sowie die Stetigkeit der Struktur im Schulsystem genannt. Der SLV bekennt sich zu einem gegliederten, durchlässigen, begabungs- und leistungsgerechten Schulsystem. Die sächsische Schulstruktur wird vom SLV nicht in Frage gestellt. Eine vierjährige Grundschulzeit, das achtjährige Gymnasium, die abschlussdifferenzierte Oberschule, die Systeme der Förderschulen und der beruflichen Schulen, inklusive der beruflichen Gymnasien, haben sich bewährt und sollen unbedingt beibehalten werden.

Würde Ihre Partei das sächsische Schulsystem in der derzeitigen Struktur der Schularten beibehalten? Wie begründen Sie diese Position?

In der Kontinuität bisheriger programmatischer Auffassungen hält DIE LINKE eine umfassende Reform des Bildungswesens weiterhin für notwendig. Sie beinhaltet sowohl eine äußere als auch eine innere Schulreform. Zu verbessern sind nicht allein die Schul- und Lernkultur an der Einzelschule, sondern ebenso die Rahmenbedingungen für die Bildung. Eine moderne, leistungsfähige, gleichwohl soziale Schule, die sich durch eine solidarische und demokratische Lernkultur auszeichnet, stellt das Ziel einer solchen Bildungsreform von unten dar.

Mit der Gemeinschaftsschule würde Sachsen den international üblichen Standard erreichen. Andere Staaten haben das gegliederte Schulwesen längst durch „integrierte Systeme“ ersetzt. Die meisten Länder arbeiten erst ab der Sekundarstufe II mit Formen der äußeren Differenzierung. Den Einwand, dass eine individuelle Förderung durch ein längeres gemeinsames Lernen verhindert werde, widerlegt die Praxis in den anderen Ländern. In Sachsen selbst gibt es zwei Schulen, die das längere gemeinsame Lernen mit großem

Erfolg praktizieren – das Chemnitzer Schulmodell und die Nachbarschaftsschule Leipzig (NaSch). Beide arbeiten mit einem besonderen pädagogischen Konzept. Es handelt sich um Schulen, in denen nach reformpädagogischen Grundsätzen unterrichtet und gelernt wird. Dazu zählen u.a. altersgemischte Klassenstufen, fächerverbindender Unterricht, Wochenplanarbeit u.a.m. Die wissenschaftliche Begleitung bescheinigt der Nachbarschaftsschule eine gute Arbeit.

2) Der Anteil von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf steigt kontinuierlich. Ein Großteil dieser Schüler wird integrativ bzw. inklusiv in Grund- und Oberschulen bzw. in Gymnasien unterrichtet.

Im Interesse der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf plädiert der SLV auch weiterhin ausdrücklich für den Erhalt von Förderschulen in ihrer bestehenden Vielfalt, da sich das Bildungs- und Erziehungskonzept unserer Förderschulen sehr positiv bewährt hat. Der Förderbedarf des Schülers muss über den Ort der Förderung entscheiden.

Die Bildung und Erziehung von Kindern mit diagnostiziertem sonderpädagogischen Förderbedarf an den Förderschulen muss weiterhin mit Beginn der Klassenstufe 1 möglich sein.

Welche Position vertritt Ihre Partei zur Integration bzw. Inklusion von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Grund- und Oberschulen bzw. in Gymnasien?

Sollen nach Ansicht Ihrer Partei die sächsischen Förderschulen in der derzeitigen Vielfalt, d. h. mit den Förderschwerpunkten Sehen, Hören, geistige Entwicklung, körperliche und motorische Entwicklung, Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung dauerhaft erhalten bleiben?

Seit dem 26. März 2009 ist die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-BRK) für die Bundesrepublik, einschließlich Sachsen, rechtlich verbindlich. Für den Freistaat Sachsen bedeutet das u.a., ein inklusives Bildungswesen im Sinne von Artikel 24 Abs. 1 in Verbindung mit Artikel 4 der UN-BRK einzuführen, auszubauen und zu langfristig zu sichern.

Die Umsetzung der UN-BRK bedeutet, dass in der gesamten Bundesrepublik die Zielperspektive eines für alle Kinder in ihrer Unterschiedlichkeit gemeinsamen Bildungssystems „von Anfang an“ aufgenommen wird. Damit schließe eine historische Epoche ab, die davon ausging, dass behinderte Kinder – oder solche, die darunter verstanden wurden – in Sondereinrichtungen getrennt von allen anderen ihrer Altersgruppe zu bilden seien.

Die Inklusion in die allgemeinbildenden Schulen soll die vorrangige Form – der Normalfall und nicht die Ausnahme – der pädagogischen Förderung sein, wobei natürlich auch zieldifferenter Unterricht stattfinden kann. „Fördern ohne Sonderschule“ lautet der entscheidende sonderpädagogische Entwicklungsschritt, den Gesellschaft und Politik tun müssen. DIE LINKE. Sachsen unterstützt diese Position.

3) Seit seiner Gründung am 10. März 1990 steht der SLV zum Beamtenstatus für Lehrkräfte. Die erstmalige Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern im Jahr 2019 führt zu einer Aufwertung des Lehrerberufs im Freistaat und macht Sachsen im Wettbewerb um den Berufsnachwuchs wieder wettbewerbsfähig.

Welche Position vertritt Ihre Partei zur Verbeamtung von Lehrkräften?

Beabsichtigt Ihre Partei die Altersgrenze zur Verbeamtung nach oben zu korrigieren?

Sollen in Sachsen auch nach 2023 Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet werden?

Die politische Verantwortung für die akute Notlage bei den Lehrkräften trägt die CDU-Staatsregierung, die Situation ist das Ergebnis ihrer jahrelangen verfehlten Personalpolitik. „Maßnahmenpakete“ und „Handlungsprogramme“ änderten wenig an diesem Notstand.

Die Verbeamtung von Lehrkräften, ist eine politische Entscheidung der Staatsregierung. Aus bildungspolitischer und pädagogischer Sicht war und ist sie nicht geboten. CDU und SPD erhoffen sich eine Verbesserung der Konkurrenzfähigkeit Sachsens auf dem Lehrer*innen-Arbeitsmarkt. Die Erfüllung dieser Hoffnung wird von der LINKEN Sachsen stark bezweifelt. Erfahrungen anderer Bundesländer zeigen, dass die Verbeamtung nicht

vor Lehrer*innenmangel schützt. Unter mehreren Gesichtspunkten wäre eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen wirkungsvoller gewesen. Durch die Verbeamtung entstehen für den Staatshaushalt erhebliche langfristige Kosten, diese Entscheidung wird deshalb zu Lasten der schulpolitischen Entwicklung gehen. In den nächsten Jahren müssen erhebliche Zuführungen an den Generationenfonds geleistet werden. Die Verbeamtung führt zu einer Zweiklassengesellschaft in den Lehrerzimmern. Das sorgt für ein hohes Maß an Ungerechtigkeit und Demotivation in der Lehrerschaft. Den Irrweg der Lehrer*innenverbeamtung werden wir zurücknehmen: Mit uns wird es keine Verlängerung dieser Maßnahme über das Jahr 2023 hinaus geben.

4) Der Sächsische Lehrerverband hatte im Zuge der Entwicklung des Handlungsprogramms stets die Untrennbarkeit von Verbeamtung und wertschätzenden Maßnahmen für die erfahrene Lehrergeneration eingefordert. Die Regierungskoalition hat mit der Zulage

„EG 13 Z“ eine Besserstellung zu tarifbeschäftigten Lehrkräften in anderen Bundesländern realisiert. Sie mindert die Nettolücke zu den künftigen Beamten, kann sie aber nicht kompensieren. Außerdem sind tarifbeschäftigte Lehrkräfte in anderen Entgeltgruppen von dieser Zulage meist ausgenommen, was z. B. zu niedrigeren Jahreseinkommen von „Lehrkräften mit besonderen Aufgaben“ (z. B. Fachberater, Fachleiter, Oberstufenberater) führt, die nach EG 14 höhergruppiert werden – im Vergleich zu Lehrkräften in „EG 13 plus Zulage“.

Aus Sicht des SLV sind perspektivisch weitere Maßnahmen für die Tarifbeschäftigten notwendig. Neben einer höheren Quote von EG-14-Stellen (mit Zulage) und einem Ausbau der Zulagen sieht der SLV insbesondere durch eine Übernahme der Beiträge zur Altersversorgung (VBL) durch den Freistaat Sachsen einen wirksamen Schritt zur Annäherung der Nettoeinkommen von Tarifbeschäftigten an den Beamtenbereich.

Plant Ihre Partei weitere Maßnahmen speziell zugunsten der tarifbeschäftigten Lehrkräfte?

Welche Position vertritt Ihre Partei zum Vorschlag einer Übernahme der Beiträge zur Altersversorgung (VBL) durch den Freistaat Sachsen?

Wie steht Ihre Partei zur weiteren Erhöhung der Zulage (EG 13 Z) und deren Ausweitung auf tarifbeschäftigte Lehrkräfte in anderen Entgeltgruppen?

Beabsichtigt Ihre Partei, die Zahl der Beförderungsstellen in allen Schularten (insbesondere A‑14- bzw. EG-14-Stellen) weiter zu erhöhen?

Ja, DIE LINKE. Sachsen beabsichtigt im nächsten Doppelhaushalt weitere Zulagen für die tarifbeschäftigten Lehrkräfte, um einen Ausgleich zu den Verbeamteten zu schaffen.

Wir wollen die Finanzierung der Altersversorgung (VBL) vollständig durch den Freistaat finanzieren lassen.

Im Haushalt müssen zusätzliche Stellen für die A‑14 bzw. EG-14 geschaffen und Mittel eingestellt werden, um die Abstandswahrung zu gewährleisten.