Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Haus & Grund Sachsen

In den sächsischen Metropolen wird der Erlass von Erhaltungssatzungen und die Einführung eines Umwandlungsverbotes diskutiert. Werden Sie diese Forderungen unterstützen und sich für Umwandlungsverordnungen, die die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen nach §172 BauGB in sozialen Erhaltungsgebieten (Milieuschutzgebieten) genehmigungspflichtig macht, einsetzen?

Antwort zu Frage 1:

Der Erlass von Milieuschutzsatzungen stellt ein im Baugesetzbuch geregeltes städtebauliches Instrument dar, das den Kommunen – insbesondere zur Erhaltung der vorhandenen Zusammensetzung der Wohnbevölkerung – die Möglichkeit und das Recht einräumt, Gebiete zu bestimmen, in denen der Rückbau, die Änderung oder auch die Nutzungsänderung von baulichen Anlagen einer besonderen Genehmigung durch die Kommune bedarf.

DIE LINKE setzt sich dafür ein, alle Möglichkeiten des Miet‑, Bauplanungs- und Städtebaurechts zu nutzen, um Mieterinnen und Mieter wirksam sowohl vor Mietsteigerungen als auch vor der Verdrängung aus ihrem Wohnumfeld zu schützen sowie gewachsene Stadtviertel und ihre soziale Zusammensetzung zu erhalten.

Wir wollen, dass Kommunen für die von ihnen bestimmten Gebiete ihrer Stadt oder Gemeinde sogenannte Milieuschutzsatzungen erlassen, um insbesondere die soziale Zusammensetzung der Wohnbevölkerung zu erhalten.

Auf diesem Wege kann Luxussanierungen von Wohnungen und der Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen, die in der Regel die Verdrängung der Mieterinnen und Mieter zur Folge haben, wirksam begegnet werden. Indem derartige Maßnahmen einer besonderen Genehmigungspflicht der Kommune unterworfen werden, wird der Schutz der Mieterinnen und Mieter weiter gestärkt.

Daher wird die LINKE auch entsprechende Forderungen unterstützen, mit denen die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen in sozialen Erhaltungsgebieten auf der Grundlage des § 172 BauGB genehmigungspflichtig gemacht werden sollen.

Für die Städte Dresden und Leipzig gilt bereits die Kappungsgrenzenverordnung. Darüber hinaus wird im Freistaat die Einführung einer Mietpreisbremse diskutiert. Werden Sie die Kappungsgrenzenverordnung wieder abschaffen? Wenn nein, unterstützen Sie über die Kappungsgrenzenverordnung hinaus die Forderung nach Einführung einer Mietpreisbremse?

Antwort zu Frage 2:

Mit dem Erlass der Verordnung der Sächsischen Staatsregierung zur Senkung der Kappungsgrenze gemäß § 558 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (Kappungsgrenzen-Verordnung) im Jahre 2015, mit der die Stadt Dresden und die Stadt Leipzig als Gebiete in Sachsen bestimmt werden, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet ist, gilt in diesen beiden Städten bei Mieterhöhung eine Kappungsgrenze von 15 Prozent.

Da sich an dieser normativen Feststellung in Bezug auf das Gebiet der Stadt Dresden und der Stadt Leipzig nichts geändert hat, sieht DIE LINKE keinen Grund und auch keine Rechtfertigung, die geltende Kappungsgrenzen-Verordnung wieder abzuschaffen. Ungeachtet dessen tritt diese Verordnung – der auf lediglich fünf Jahre befristeten Ermächtigung im § 558 Abs. 3 S. 3 BGB folgend – für die Städte Dresden und Leipzig zum 30. Juni 2020 wieder außer Kraft. So lange soll und muss jedoch die Kappungsgrenze gelten.

Mehr noch: Die Anwendung der 15%igen Kappungsgrenze sollte aus Sicht der LINKEN zudem in all den Kommunen unmittelbare Anwendung finden, die entsprechende Problemlagen bei der Versorgung mit Mietwohnungen haben. Daher bedarf es der weiteren Ergänzung der Verordnung um weitere Städte in Sachsen.

DIE LINKE setzt sich darüber hinaus generell für die Einführung einer tatsächlich wirksamen Mietpreisbremse ein, mit der überhöhte Mieten gesenkt und Höchstmieten bei Neuvermietung festgelegt werden (Mietpreisdeckel), die bisherigen Ausnahmen von der Mietpreisbremse gestrichen werden sowie eine bundesweite und unbefristete Geltung der Mietpreisbremse eingeführt wird.

In diesem Sinne und mit diesen Zielsetzungen unterstützt DIE LINKE die Forderung nach Einführung einer Mietpreisbremse; wohl wissend, dass hierzu eine bundesgesetzliche Neuregelung durch den Bundestag erforderlich ist, für die Sachsen jedoch im Bundesrat selbst initiativ werden kann und muss.

Schneller Neubau von Wohnungen und die Ausnutzung von Potentialen im Bestand sind ein Hebel, um der zunehmenden Wohnungsknappheit auch im Freistaat Sachsen entgegenzuwirken. Dieses Ziel ist erreichbar, wenn in der Landesbauordnung der Dachgeschossausbau und die Aufstockung von Wohngebäuden erleichtert würde. Aus unserer Sicht ist beispielsweise die neue Hamburgische Bauordnung ein geeignetes Vorbild. Welche Vorstellungen haben Sie zu einer weiteren Vereinfachung der Bauordnung?

Antwort zu Frage 3:

Die akute und zunehmende Wohnungsknappheit wird sich nicht allein durch die Ausnutzung von Potenzialen im Bestand, durch Dachgeschossausbau und Dachaufstockung nachhaltig verändern lassen.

DIE LINKE setzt sich deshalb zuallererst dafür ein, den sozialen, gemeinnützigen Wohnungsbau neu zu starten und dazu mehr finanzielle Mittel in die Soziale Wohnraumförderung zu stecken und sicherzustellen, dass die vom Bund hierfür ausgereichten Mittel zweckgebunden und umfänglich genutzt werden. Um den bestehenden Wohnungsbedarf zu decken, wollen wir das Förderprogramm Sozialer Wohnungsbau auf weitere Kommunen ausweiten, bei denen ein Bedarf an Sozialwohnungen besteht oder absehbar entstehen wird.

Wir legen weiter den Fokus darauf, Bestandsgebäude in Stadt- und Dorfkernen zu sanieren und auszubauen. In diesem Zusammenhang muss dann auch über das Für und Wider von dazu ggf. notwendigen Anpassungen der Sächsischen Bauordnung diskutiert werden. Wenn jedoch Vereinfachung der Bauordnung nur bedeutet bzw. dazu führt, beim künftigen Bauen im Bestand (Dachaufstockung und Dachausbau zur Wohnraumbeschaffung) auf sonst geltende bauordnungsrechtlichen Verpflichtungen, wie Aufzugseinbau, zusätzliche Kinderspielflächen, Unterschreitung der lichten Raumhöhe, Bauabstände oder auch barrierefreien Zugang zu verzichten, und Bestandsmieterinnen und ‑mieter im Gegenzug mit weiteren Folgekosten zu belasten, findet dies keine Zustimmung bei der LINKEN.

Schon deswegen erteilt die LINKE keinen allgemeinen Freibrief „zu einer weiteren Vereinfachung der Bauordnung“.

Für DIE LINKE steht darüber hinaus die Beschaffung und Sicherung von Grundstücken und Bauland durch die Einrichtung und Bildung von entsprechenden Bodenfonds des Freistaates Sachsen und der Kommunen, die zweckgerichtet für den sozialen Wohnungsneubau zur Verfügung gestellt werden, im Mittelpunkt ihrer prioritären Maßnahmen zur langfristigen Überwindung der Wohnungsknappheit.

Wie wollen Sie die ländlichen Regionen stärken, um zugleich die angespannten Wohnungsmärkte in den Hotspots zu entlasten?

Antwort zu Frage 4:

Der LINKEN geht es nicht darum, Mieterinnen und Mieter aus den „Hotspots“ in die ländlichen Regionen zu ziehen, da sich jeder bewusst für seinen Lebensmittelpunkt entscheidet. Wir wollen, dass in den jeweiligen Kommunen, ob „Hotspot“ oder nicht die Voraussetzungen für einen sozialen Wohnungsmarkt sowie eine funktionierende soziale Infrastruktur geschaffen werden.

Funktionierende Beispiele dazu gibt es schon. Außerdem fehlen Sozialwohnungen nicht nur in den beiden Großstädten Leipzig und Dresden. Auch in den Mittel- und Kleinstädten, die in den „Speckgürteln“ der Großstädte liegen, wie etwa in Markkleeberg, Taucha oder auch Radebeul ist der Wohnungsmarkt bereits jetzt zunehmend angespannt. Ähnliche Entwicklungen sind auch in Chemnitz, Freiberg oder Meißen absehbar. Auch in anderen Städten ist eine derzeitige hohe Leerstandsquote auf der einen Seite noch kein Garant dafür, dass Menschen mit geringem Einkommen eine Wohnung erhalten.

DIE LINKE setzt sich daher für eine Zweckbindung der Bundesmittel ein, damit diese in Sachsen endlich sachgerecht für die soziale Wohnbauförderung ausgegeben wird! Das sächsische Programm für die Schaffung von Sozialwohnungen muss deutlich aufgestockt werden und auch anderen Gemeinden im Land zur Verfügung gestellt werden, wenn ein entsprechender Bedarf nachweisbar ist.

Wie wollen Sie dafür sorgen, dass Bauen wieder bezahlbar wird?

Antwort zu Frage 5:

Ein wichtiger Hebel für bezahlbares Bauen ist eine gezielte und ausreichende Förderung beim Bau sozialen Wohnraums. Durch den fortgesetzten Rückzug des Staates aus der aktiven sozialen Wohnungspolitik sind jedoch nicht etwa weniger, sondern erheblich mehr öffentliche Mittel in den Wohnungsmarkt geflossen.

Die Steuererleichterungen der 1990er und 2000er Jahre für die Eigenheimzulage und für Sonderabschreibungen privater Investoren waren viermal so hoch wie die Förderung der Wohnungsgemeinnützigkeit. Privatisierungen und Deregulierungen haben das Angebot „günstiger“ Wohnungen in öffentlicher und gemeinwohlorientierter Hand zusätzlich extrem verknappt.

Mit Wohnen darf nicht an der Börse gehandelt werden. Bezahlbare, ökologisch modernisierte und den verschiedenen Bedürfnissen angepasste Wohnungen müssen wieder von der öffentlichen Hand gebaut werden.

Nicht der Markt und der Profit dürfen im Mittelpunkt stehen, sondern der Bedarf der Menschen. Ein öffentliches Wohnungsbauprogramm mit dauerhafter Miet- und Belegungsbindung sowie die Schaffung weiteren Wohnraums im kommunalen, genossenschaftlichen und gemeinwohlorientierten Eigentumsbereich können die derzeitige Wohnungsknappheit langfristig entschärfen.

Die Fraktion DIE LINKE hat hierzu einen umfassenden Gesetzentwurf mit dem Titel „Gesetz über den sozialen Wohnraum im Freistaat Sachsen“ (DRUCKSACHE 6/17549) vorgelegt und in den Landtag eingebracht.

Setzen Sie sich für eine Abschaffung der Ermächtigung für die Gemeinden zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen im SächsKAG ein?

Antwort zu Frage 6:

Die Fraktion DIE LINKE ist hierzu in den vergangenen Wahlperioden wiederholt mit konkreten Gesetzesvorschlägen aktiv geworden, mit denen die Bestimmungen des Abschnittes 5 „Beiträge für Verkehrsanlagen“ des Sächsischen Kommunalabgaben-gesetzes ersatzlos gestrichen und damit die Ermächtigung der Kommunen zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abgeschafft werden sollten.

An dieser Forderung und auch den weitergehenden Forderungen im Zuge dieser Gesetzesinitiativen für eine gerechte und nachhaltige Begrenzung der Belastungen der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen mit kommunalen Abgaben halten wir nach wie vor voll umfänglich fest.

Zugleich setzen wir uns für eine deutliche Anhebung der Straßenausbaumittel für die Kommunen durch den Freistaat Sachsen ein, damit der Erhalt und der notwendige grundhafte Ausbau der kommunalen Straßeninfrastruktur finanziert und langfristig gesichert ist.

Im April 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die Vorschriften zur Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Bis zum 31.12.2019 muss der Gesetzgeber eine Neuregelung beschließen, andernfalls darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht mehr erhoben werden. Der Bundesfinanzminister hat einen Entwurf vorgelegt, der vor allem in den Städten zu einem Anstieg der Grundsteuer führen wird. Der Freistaat Bayern hat in den Verhandlungen eine Länderöffnungsklausel gefordert.

a. Unterstützen Sie die Pläne des Bundesfinanzministers?
b. Wie bewerten Sie die Forderung nach einer Länderöffnungsklausel?

Antwort zu Frage 7:

zu a.

Die LINKE kritisiert die gegenwärtigen Pläne des Bundesfinanzministers nach dessen vorliegenden Entwurf zur Grundsteuerreform, diese nach ersten Berechnungen vor allem für die Menschen in den „neuen Bundesländern“ zu erheblichen Steuererhöhungen (bis zu 70 Prozent) und damit zu weiteren finanziellen Belastungen führen werden.

zu b.

Die von Bayern und anderen Bundesländern geforderte Länderöffnungsklausel betrachten wir mit erheblicher Skepsis, da damit das Problem der Umsetzung vom Bundesverfassungsgericht geforderten Grundsteuerreform nicht gelöst, sondern den Ländern übergeholfen werden soll.

DIE LINKE fordert von der Bundesregierung und der sie tragenden Großen Koalition die Vorlage eines verfassungskonformen entbürokratisierten Gesetzentwurfes zur Bemessung der Grundsteuer und damit ein Grundsteuermodell ein, das eine sozial gerechtere Verteilung der Steuerlasten der Grundsteuer bei Wahrung ihrer Finanzierungsfunktion für die Kommunen gewährleistet sowie insbesondere eine weitere Belastung durch steigende Mieten für Mieterinnen und Mieter verhindert. Besondere Bedeutung muss der Schutz von Mieterinnen und Mietern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen vor Mehrbelastungen haben. Es war sehr lange Zeit, einen verfassungskonformen Gesetzesentwurf zu erarbeiten und vorzulegen.

Diese Pflicht und gesetzgeberische Verantwortung jetzt einfach und ausschließlich auf die Bundesländer abzuwälzen, sehen wir höchst kritisch und lehnen wir ab.

Um durch das zu erwartende Ansteigen der Grundsteuer die Mieten nicht zusätzlich zu belasten, wird im Bund unter anderem die Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer bei den Nebenkosten gefordert.
a. Unterstützen Sie diese Forderung?
b. Wie wollen Sie einem Ansteigen der Grundsteuer durch die derzeit diskutierten
Reformvorschläge entgegenwirken.

Antwort zu Frage 8:

zu a.

DIE LINKE unterstützt die Forderung zur Streichung der Umlagefähigkeit der Grundsteuer über die Nebenkosten auf die Mieten und damit auf Mieterinnen und Mieter. (vgl. Antwort zu Frage 7 b.)

zu b.

DIE LINKE sieht nach wie vor die Bundesregierung im Allgemeinen und das Bundesfinanzministerium im Besonderen in der Pflicht, endlich ein dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gerecht werdendes Grundsteuermodell auf den Tisch zu legen, mit dem in jedem Fall sichergestellt wird, dass es zu keinem Ansteigen der derzeitigen Höhe der Grundsteuer kommt.

Es liegt in der politischen und gesetzgeberischen Verantwortung der derzeitigen Großen Koalition von CDU/CSU und SPD, dazu einen verfassungskonformen Reformvorschlag vorzulegen und diesen auch in Abstimmung mit den Bundesländern vor dem 31. Dezember 2019 zu verabschieden.