Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Bund Deutscher Kriminalbeamter Landesverband Sachsen

  1. Sicheres Leben

Frage: Teilen Sie das Erfordernis zum Personalaufwuchs in der Sächsischen Polizei? Wie sehen Sie die personelle und strukturelle Situation der Sächsischen Polizei zum derzeitigen Zeitpunkt? Was ist aus Ihrer Sicht zu leisten?

Antwort: Ja, wir teilen das Erfordernis zum Personalaufwuchs in der Sächsischen Polizei, davon ausgehend, dass der derzeitig von der Regierungskoalition beschlossene Einstellungskorridor lediglich dazu ausreichen wird, die geplanten Altersabgänge zu kompensieren, niemals jedoch den tatsächlich erforderlichen Personalansatz deutlich über 1.000 zusätzlichen Stellen erreicht. Um die anstehenden Aufgaben zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit personell lösen zu können, muss der Einstellungskorridor entsprechend auch nach Erreichung des 1.000-Stellen-Ziels aufrechterhalten bleiben. Dazu haben wir mehrere Anträge in der nun vergangenen Legislatur eingebracht.

Strukturell sehen wir deutlichen Änderungsbedarf. Dieser beginnt bei den Strukturen der Polizeidirektionen, der Polizeireviere als auch der Bereitschaftspolizei. Ebenfalls sehen wir Änderungsbedarf im Bereich der Ausbildung der Sächsischen Polizei. In Bezug auf die Ausbildung von Kriminalbeamtinnen und ‑beamten vertreten wir seit Jahren die Auffassung, dass es nach einer „Grundausbildung“ eine „spezialisierte Kriminalistenausbildung“ geben muss (Y‑Ausbildung).

Frage: Welchen Stellenwert hat die Förderung und Modernisierung der technischen und materiellen Ausstattung der Polizistinnen und Polzisten für Sie in der kommenden Legislaturperiode?

Antwort: Wir vertreten seit mehreren Legislaturperioden die Auffassung, dass die sächsische Landespolizei in ihrer technischen und materiellen Ausstattung entsprechend ihren zu lösenden Aufgaben und entsprechend des Schutzbedürfnisses ausgestattet werden muss! Dies trifft umso mehr auch im Lichte des Gesamtprozesses der Digitalisierung zu.

Frage: Teilen Sie das Erfordernis für den notwendigen Ausbau von bestehenden Liegenschaften bzw. Investitionen in Neubauten, um den erhöhten Anforderungen an die „polizeiliche Grundversorgung“ gerecht zu werden?

Antwort: Wir wollen eine dauerhaft belastbare Struktur der Polizeidirektionen und ‑reviere der sächsischen Polizei entsprechend und auf Grundlage einer fundierten Aufgabenkritik schaffen. Daraus ergeben sich vor dem Hintergrund des Ist-Zustandes vieler Liegenschaften Erfordernisse für die Modernisierung und den Ausbau. Die Liegenschaften müssen allesamt modernisiert werden, insbesondere die Ausbildungseinrichtungen, aber auch die Reviere und Polizeiposten.

  1. Kriminalitätsbekämpfung

Frage: Worin besteht Ihrer Meinung nach Optimierungsbedarf in der Sicherheitsarchitektur im Freistaat Sachsen?

Antwort: Für die Sichtung und Auswertung der Programme sowie von Veröffentlichungen politischer Parteien braucht es aus unserer Sicht keinen „Inlandsgeheimdienst“ Verfassungsschutz. Dies können, da sind wir uns sicher, Institute und Wissenschaftseinrichtungen besser und effizienter. Die Zeiten der „Schlapphutmentalität“, der „Quellen“ und „V‑Leute“ gehört der Vergangenheit an. Dass die Verfassungsschutzämter oftmals eher selbst als Teil des Problems bei der Bekämpfung verfassungsfeindlicher Gruppierungen und Grundeinstellungen zu betrachten sind, ist nun in einer Vielzahl von Ereignissen (NSU-Terror, NPD-Verbotsverfahren) und zuletzt auch beim Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke erschreckend eindrucksvoll nachgewiesen. Die freiwerdenden personellen und materiellen Ressourcen sind der Polizei und damit der Stärkung der Staatsschutzdezernate zuzuführen.

Der personelle Aufwuchs sollte vor allem den Polizeidirektionen für die Revierstärkung sowie dem LKA und den KPIen zugutekommen. Insbesondere bei den Kriminalisten kommt es (andernfalls) aufgrund der Altersstruktur in den kommenden 10 Jahren zu einem massiven Verlust an Personal und damit Wissen und Kompetenzen.

Frage: Wie sollten die gestiegenen Anforderungen der Kriminalitätsbekämpfung bzw. neue Kriminalitätsfelder bewältigt werden?

Antwort: Kriminalitätsbekämpfung ist in vielen Phänomenbereichen weit mehr als Strafverfolgung und muss dringend Prävention einbeziehen. In erster Linie müssen die notwendigen personellen und materiellen Voraussetzungen, die ausgezeichnete fachspezifische Ausbildung, der Einbeziehung des entsprechenden wissenschaftlichen „Know hows“ und einer umfassenden Präventionsarbeit, die weit über die engere polizeiliche Präventionsarbeit hinausgeht, dazu beitragen. Insbesondere in den Kommunen kann durch kooperative Prävention und städtebauliche Maßnahmen viel erreicht werden, um Tatgelegenheiten zu minimieren. Diese kooperative Prävention in Zusammenarbeit mit zivilgesellschaftlichen Organisationen muss in Kitas, Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe und Fürsorge tätig werden, um Kriminalität vor der Entstehung zu bekämpfen.

Frage: Wie bzw. in welcher Intension will ihre Partei den Strafverfolgungsanspruch des Staates im Bereich der Computer-/Internetkriminalität durchsetzen?

Antwort: Der Staat hat einen gesetzlichen Strafverfolgungsanspruch durchzusetzen. Dies gilt bei allen Kriminalitätsformen, auch wenn dieser Grundansatz z. B. durch Praktiken wie „Abschiebung vor Strafverfolgung“ durchbrochen wird.

Im Bereich der Computer- und Internetkriminalität kommt es umso mehr darauf an, in direkter Konkurrenz zur Wirtschaft und zu kriminellen Strukturen geeignetes Fachpersonal durch Ausbildung und gute Bezahlung zu gewinnen und zu halten. Darüber hinaus ist insbesondere beim SN4C (Cyber Crime Competence Center Sachsen) sowie in den KPIen ein dauerhaft hoher technischer Stand zu gewährleisten. Darüber hinaus ist die Kooperation mit der Hochschule Mittweida im Bereich der Computer- bzw. Cyberforensik zu stärken und der internationale Fachaustausch auszubauen.

Aber auch die Beamtinnen und Beamten in den Revieren, die in vielen Fällen von Hackerangriffen, von computergestützter Kriminalität den Erstkontakt zu den Geschädigten realisieren, müssen befähigt werden, Straftaten im Bereich der Computer- und Internetkriminalität zu erkennen, um die sachgerechte weitere Bearbeitung zu gewährleisten.

Frage: Welche Mittel und Möglichkeiten sehen Sie, die konsequente Bekämpfung des politischen Extremismus wirksamer zu gestalten?

Antwort: Die Bekämpfung des politischen „Extremismus“ ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe, weil dieser vor allem gesellschaftspolitische Ursachen und gesellschaftspolitische Wirkungen hat. Politisch motivierte Straftaten sind dabei ein Mittel der Umsetzung politischer Strategien. Zur Bekämpfung bedarf es zwar in erster Linie, aber nicht nur des Konsenses in der Politik. Politischer „Extremismus“, bei aller Zweifelhaftigkeit des Begriffes an sich, im Kontext von Aufklärungs‑, Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsarbeit darf nicht als politischer Kampfbegriff verstanden werden. Einerseits geht es um das Erkennen verfassungsfeindlicher/verfassungswidriger politischer Bestrebungen. Andererseits geht es um die Prävention und Gefahrenabwehr sowie die Strafverfolgung. Bislang besitzen die Landesämter für Verfassungsschutz die Deutungshoheit über die Zuweisung der Begrifflichkeit an eine politische Gruppierung. Diese Deutungshoheit bei der Einschätzung von Gruppierungen oder Parteien als politisch „extremistisch“ ist sachgerecht und fachkompetenter an universitäre wissenschaftliche Einrichtungen abzugeben. Insbesondere die Verfassungsschutzämter haben sogenannte extremistische Bestrebungen oftmals nicht wahrgenommen oder nicht sachgerecht eingeschätzt.

Die Landesämter für Verfassungsschutz haben in der Vergangenheit durch das ausgedehnte V‑Leute-System Aufklärung, Vorbeugung und Gefahrenabwehr verhindert sowie Strafverfolgung vereitelt, vor allem aber die extreme Rechte und oftmals deren Kader auch wirtschaftlich gestärkt. Deshalb und aufgrund der Aufgabenstellung der LfV kann zur Bekämpfung des politischen „Extremismus“ von diesen nichts erwartet werden, allein schon die sachgerechte geheimdienstliche Aufklärungstätigkeit im Sinne einer umfassenden und objektiven Informationsbeschaffung muss zutiefst bezweifelt werden.

Polizeiliche Aufgabe kann es nur dahingehend sein, wenn es um die Aufklärung von Straftaten und Gefahrenabwehr im Bereich politisch motivierter Straftaten geht.   Hierzu müssen die Ursachen des politischen „Extremismus“ durch wissenschaftliche und polizeiwissenschaftliche Analysen auch in Kooperation mit der Deutschen Hochschule der Polizei sowie anderen universitären Forschungseinrichtungen erkannt und in Gefahrenprognosen übersetzt sowie zur Auswertung im Bereich der Straftatenaufklärung und Strafverfolgung herangezogen werden. Der Personalbestand der Staatsschutzdezernate in den Polizeidirektionen und im LKA muss hierzu ständig fortgebildet werden. Mithin ist für einen hohen Qualifizierungsgrad der Anwärterinnen und Anwärter die Kriminalistenausbildung zu überarbeiten und zu modernisieren.

Frage: Welche Ansicht teilen Sie in der Diskussion zur Legalisierung sogenannter weicher Drogen?

Antwort: Zunächst ist es eine stigmatisierende und fokussierende Debatte, die gesellschaftlich akzeptierte Drogen und deren Wirkungen außen vorlässt. Unter dem Eindruck von 110.000  Toten in 2018 durch das Rauchen und 1,77 Millionen alkoholabhängigen Frauen und Männern in Deutschland mit 74.000 Toten durch die Folgen des übermäßigen Alkoholkonsums nehmen sich 1.276 Frauen und Männer deutschlandweit (2018), die an den Folgen des Konsums „harter“ Drogen gestorben sind,  davon 12 Tote in Sachsen, geradezu als geringes Problem aus. Vielmehr aber   wird der Konsum sogenannter weicher Drogen kriminalisiert, wobei kein Fall bekannt ist, bei dem ein Mensch an „weichen“ Drogen verstorben ist. Wir sind der Überzeugung, dass hier ein neues Konzept erarbeitet werden muss, in welchem „weiche“ Drogen entkriminalisiert werden müssen. Hierzu verweisen wir auf unser Programm und eine Anzahl von Anträgen und parlamentarischen Initiativen unserer Landtags- und Bundestagsfraktion. Eine verantwortungsvolle Debatte und Strategie zur Zurückdrängung von Drogen aller Art muss gesellschaftspolitisch geführt werden und die Kompetenzen der Kinder und Jugendlichen stärken und sie im Umgang mit schwierigen persönlichen und Belastungssituationen zu einem selbstbewussten Umgang mit sich und der Problemlage befähigen.

Frage: Welche Bestrebungen hat ihre Partei zur Förderung einer besseren länderübergreifenden Zusammenarbeit in der Kriminalitätsbekämpfung für die nächste Legislaturperiode?

Antwort: Für uns stellt sich die Frage nicht, da die Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung klar geregelt ist. Zum einen ist dies über Kompetenzverteilungen zwischen Bundes- und Länderaufgaben  also Bundes- und Landespolizeien sowie BKA und LKA geregelt. Daneben steht eine ganze Reihe von Kooperationen. In wichtigen Feldern gibt es bereits länderübergreifende Kooperationen, sowohl institutionalisierte (z. B. GTAZ) als auch nicht institutionalisierte. Diese Kooperationen sollten gestärkt werden. Vor allem aber müssen hinsichtlich des Versagens oder nur mangelhaften Funktionierens solcher Kooperationsstrukturen Schlussfolgerungen für die weitere Arbeit in den Ländern mit verpflichtendem Charakter gezogen werden. Als Beispiel sei hier der Fall Anis Amri genannt.

Kooperationen mit benachbarten Staaten auf der Grundlage bilateraler Polizeiabkommen haben sich hinsichtlich der Aufklärung und Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität bereits bewährt und sollten ausgebaut werden.

Frage: Welche Ziele verfolgt ihre Partei für eine erfolgreiche Kriminalitätsbekämpfung auf EU-Ebene?

Antwort: Eine Vielzahl von Initiativen und auch Gesetzgebungsakten im Kontext von Kriminalitätsbekämpfung sind durch die EU-Ebene vorangetrieben worden. Die EU-Sicherheitsagenda ist das theoretische Gerüst. Auf dieser Grundlage und vor dem Hintergrund früherer EU-Vorgängervereinbarungen sind bereits in den letzten 18 Jahren erhebliche Veränderungen vor sich gegangen. Insbesondere die Strafandrohung für Vorbereitungshandlungen zu terroristischen Straftaten ist hier zu nennen. In den letzten Jahren wird seitens der EU vor allem an einer engen Kooperation und vor allem Interoperabilität der Datensysteme der Sicherheitsbehörden gearbeitet. Hier seien nur euLISA, eCodex und meCodex genannt. Dass damit erhebliche Gefahren für den Einzelnen im Zuge weitreichender und zukünftig in noch größerem Umfang möglicher Datenweitergabe verbunden sind, aufgrund sogenannter „false positives“ anlasslos und ohne Schuld ins Visier der Sicherheitsbehörden zu geraten, soll nur kursorisch angerissen werden.

Die Vertiefung der Kooperation in der EU bis hin zur Europäischen Staatsanwaltschaft und zum Europäischen Haftbefehl ist folgerichtig und muss auf der Grundlage rechtsstaatlicher Verfahren erfolgen. Dabei soll nach unseren Vorstellungen nicht alles erlaubt sein, was technisch möglich ist. Im Mittelpunkt stehen die verfassungsrechtlichen Schutzgüter, und im rechtsstaatlichen Strafverfahren müssen die Rechte Angeschuldigter gewahrt bleiben.

  1. Polizeiliche Kriminalprävention

Frage:  Welche Themen sehen sie im schulischen Bereich als Schwerpunktthemen in der kriminalpolizeilichen Prävention?

Antwort: Zu Ansätzen in der Kriminalitätsprävention in kooperativen Strukturen haben wir an anderer Stelle bereits ausgeführt. Leider hat die Sparpolitik der vergangenen 12 Jahre verheerendem Auswirkungen auch auf die Kriminalprävention gehabt. Reduziert auf „Poldi“ und das Polizeiorchester fand polizeiliche Kriminalprävention nicht mehr statt.

Für die kriminalpolizeiliche Präventionsarbeit müssen die unterschiedlichen Zielgruppen definiert werden. Für Kinder, Schüler und Jugendliche sollten Drogenprävention, Verkehrserziehung, Gewaltprävention und Gewaltschutz bearbeitet werden; für Mieter und Wohneigentümer stehen Einbruchschutz- und Eigentumssicherung oben an, für Senioren Selbstverteidigung, Gewaltschutz sowie Einbruch- und Diebstahlschutz.

Wir sind der festen Überzeugung, dass mit einer effektiven und flächendeckenden Kriminalprävention auch in Kooperationen an Schulen, in der Öffentlichkeit ein erheblicher Anteil an Kriminalitätsverhinderung geleistet werden kann. Dies Bedarf aber einer weiteren Kraftanstrengung im finanziellen und personellen Bereich, für die wir unter Einbeziehung gesellschaftlicher und ehrenamtlicher Menschen stehen.

Frage: Worin sollen ihrer Meinung nach Maßnahmen und Projekte auf kommunaler Ebene bestehen, die geeignet sind, das Begehen von Straftaten zu vermindern, Zivilcourage zu fördern und damit das subjektive Sicherheitsempfinden der Bevölkerung zu verbessern?

Antwort: Wir setzen uns seit vielen Jahren für die Schaffung kriminalpräventiver Räte in den Kommunen ein. Was wir aber in diesem Zusammenhang ablehnen, ist die Delegierung einer Kriminalprävention in die Verantwortung der Kommunen, die weder personell noch materiell dafür ausgestattet sind. Für uns trägt die Hauptverantwortung für eine effektive Kriminalprävention die sächsische Landespolizei in Kooperation mit den Kommunen und hier den kriminalpräventiven Räten. Zu den Themen haben wir an verschiedenen Stellen ausgeführt.

  1. Das neue Polizeigesetz

Frage: Wie stehen Sie zu dem im neuen Polizeigesetz erlassenen Eingriffsbefugnissen?

Antwort: Im Rahmen der Einbringung, Diskussion, Beratung  und Verabschiedung des „Gesetzes zur Neustrukturierung des Polizeirechts des Freistaates Sachsen“ (neues Polizeigesetz) haben wir uns klar positioniert. Zum einen haben wir die Notwendigkeit einer erheblichen Erweiterung der Eingriffsbefugnisse der sächsischen Polizei unter dem Eindruck der Polizeilichen Kriminalitätsstatistik 2018 und der dort verlauteten Tatsache, dass die Kriminalität den niedrigsten Stand seit 25 Jahren erreicht hat, abgelehnt. Also schon von der allgemeinen Kriminalitätsentwicklung her ist das Gesetz nach unserer Auffassung unnötig. Auch die seit 2001 angepasste Strafgesetzgebung in Deutschland mit der Einführung auch von Vorbereitungsstraftatbeständen zu terroristischen Straftaten hat weitreichende Befugnisse für die Staatsanwaltschaften und die Polizei eröffnet. Die datenschutzrechtlichen Anpassungen, die aufgrund der Europäischen Datenschutzgrundverordnung und der EU – Datenschutzrichtlinie der eigentliche Anlass für die Novellierung der Polizeigesetze sowohl in Sachsen als auch in anderen Ländern waren, hätten auch im alten Sächsischen Polizeigesetz erfolgen können. Des Weiteren kritisieren wir die zum Teil tiefen Grundrechtseingriffe, die durch die Befugnisse dieses Gesetzes eröffnet werden. Wir werden das Sächsische Verfassungsgericht bitten, darüber zu entscheiden, ob dieses Gesetz oder Teile des Gesetzes mit dem Grundgesetz und der Sächsischen Verfassung vereinbar sind.

Frage: Teilen sie die Meinung, dass der Sächsischen Polizei durch das neue Polizeigesetz alle erforderlichen Instrumentarien zur Verfügung gestellt werden, die tatsächlich lageangepasst und präventiv wirken können, oder sehen sie weiteren Evaluierungsbedarf?

Antwort: Hier verweisen wir auf die vorhergehende Frage und unsere Antwort. Wir vertreten die Meinung, dass die im neuen Polizeigesetz festgeschriebenen Instrumentarien zum Teil weder erforderlich noch lageangepasst sind und keinesfalls präventiv wirken.

Frage: Sehen sie die Notwendigkeit eines Musterpolizeigesetzes?

Antwort: Die Bundesrepublik ist durch den Polizeiförderalismus geprägt, der bereits mit dem alliierten Polizeibrief von 1949 als konsequente Schlussfolgerung aus den Erfahrungen der Nazizeit der Bundesregierung diesen auftrug. Ein Musterpolizeigesetz ist geeignet, diesen Polizeiförderalismus zu untergraben. Zudem ist ein Musterpolizeigesetz nicht erforderlich. Die jüngsten Polizeirechtsnovellen der Bundesländer machen deutlich, wie weit die Abstimmung in der Innenministerkonferenz geht und dass ohne Musterpolizeigesetz entsprechende Angleichungen möglich sind.

  1. Aus- und Fortbildung, Spezialisierung

Frage: Wie beurteilen sie den derzeitigen Stand der Ausbildung bei der Sächsischen Polizei?

Antwort: Wir setzen uns für eine Evaluierung der Bildungsinhalte, für eine wieder an der Wissenschaft orientierte, praxisnahe Ausbildung ein. Hier gibt es aus unserer Sicht erheblichen personellen und materiellen Nachholbedarf, welchen wir im Rahmen der Haushaltsdiskussion zum Haushalt 2019/2020 deutlich benannt haben. Der Abschlussbericht der Kommission zur Überprüfung der Ausbildung an der Hochschule der Sächsischen Polizei bietet zugleich auch deutliche Hinweise und Empfehlungen, denen wir uns im Großen und Ganzen anschließen. Es gibt deutlichen Verbesserungsbedarf in der Ausbildung der sächsischen Polizei.

Frage: Welche Anforderungen sollen ihrer Meinung nach eine spezialisierte Aus- und Fortbildung der Kriminalisten haben?

Antwort: Hier verweisen wir auf die Beantwortung der ersten Frage dieser Wahlprüfsteine, in welcher wir unsere jahrelange Forderung nach einer „Grundausbildung“ für alle Polizistinnen und Polizisten und eine darauffolgenden „fachspezifischen“ Ausbildung beschrieben haben! Mit Sicherheit muss die Ausbildung an die Anforderungen der modernen Tatbegehungsweisen Organisierter Kriminalität sowie der Computer- und Internetkriminalität angepasst werden. Spezialisierungen und Fortbildungen beispielsweise zur Bearbeitung von OK, Wirtschaftskriminalität etc. erfordern auch eine ökonomische, buchhalterische, steuerrechtliche und bankenrechtliche Teilbereichsausbildung. Ähnliche Spezialisierungen sind für andere Phänomenbereiche nötig.

  1. Attraktivität der Kriminalpolizei

Frage: Die Attraktivität der Kriminalpolizei ist Grundlage dafür, dass sich junge Polizistinnen und Polizisten bzw. junge „Seiteneinsteiger“ für die Verwendung in der Kriminalpolizei entscheiden. Viele dieser Bewerber bringen eine dafür qualifizierte Vorbildung mit, zum Beispiel einen gesonderten Abschluss aus Wirtschaft, Bankenwesen oder Sprachen. Sollten diese mitgebrachten Zusatzausbildungen ihrer Meinung nach sich in einer Zulage bzw. Sondervergütung für die Bediensteten widerspiegeln?

Antwort: Ja.

Frage: Für Tarifbeschäftigte in der Kriminalpolizei bestehen aus tarifrechtlichen Gründen selten oder keine Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Beabsichtigen sie, Perspektiven für Tarifbeschäftigte zu schaffen?

Antwort: Grundsätzlich gilt, dass eine kontinuierliche Weiterbildung in der sächsischen Polizei aus unserer Sicht insgesamt eher sporadisch und ungenügend erfolgt.

Wir sehen das Erfordernis, in dieser Frage deutliche Änderungen herbei zu führen, die eine kontinuierliche und fachliche Weiterbildung dauerhaft sichert. Insofern ermutigen wir die Gewerkschaften im Interesse der Tarifbeschäftigten in der Sache tätig zu werden, was unsere Unterstützung findet. Dies betrifft auch Weiterentwicklungsperspektiven für Tarifbeschäftigte.

An der Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass wir seit längerem ein Bildungsfreistellungsgesetz für den Freistaat Sachsen haben

Frage: Die Frauenquote in den Bereichen der Führungsebenen in der Sächsischen Polizei ist bislang nicht erfüllt. Sehen sie Verbesserungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit dem Frauenförderplan für die Sächsische Polizei?

Antwort: Wir als LINKE setzen uns kompromisslos für eine paritätische Besetzung aller Leitungsebenen ein. Dies gilt auch für und in der sächsischen Polizei. Hier sehen wir deutlichen Nachholbedarf.