Wahlprüfstein Landtagswahl 2019: Landesjagdverband Sachsen

  1. Hält lhre Partei eine Anderung des Landesjagdgesetzes für erforderlich, wenn ja, in welcher Form?

Zur Änderung des Landesjagdgesetzes haben wir in den Jahren 2012 und 2018 Änderungsanträge eingebracht:

  • ÄAntr DIE LINKE 09.05.2012 Drs 5/9075 – Drs abgelehnt
  • ÄAntr DIE LINKE 30.01.2018 Drs 6/12261 – Drs abgelehnt

Es ging dabei u.a. darum,

  1. flächendeckend verbindliche Hegegemeinschaften einzuführen, an denen außer den Jägerinnen und Jägern auch die Vertreterinnen und Vertreter des Grundeigentums und – neu – der Landnutzung beteiligt sind,
  2. den Wolf und weitere Tiere (beispielsweise Birkhuhn und Mauswiesel) aus dem Jagdrecht zu nehmen,
  3. anerkannten Forstbetriebsgemeinschaften die Bildung eines Eigenjagdbezirkes bereits ab einer Fläche von 150 (statt 250) Hektar zu ermöglichen,
    flächendeckend Verbissgutachten durchzuführen (um auf dieser Grundlage Abschusspläne zu erstellen).

2. Was wollen Sie zur Stärkung der Hegegemeinschaften tun? Wie stehen Sie zu einer Verankerung im Jagdgesetz und der Anhebung in den Status einer Körperschaft öffentlichen Rechts?

  • siehe Beantwortung unter 6.

3. Unterstützt lhre Partei die Herauslösung der Oberen Jagdbehörde aus dem Staatsbetrieb Sachsenforst und die lntegration in die Landesdirektion Sachsen als Mittelbehörde des Freistaates, um die Unabhängigkeit und Rechtssicherheit in Verwaltungsabläufen zu garantieren?

  • Der Umstand, dass sich der Staatsbetrieb Sachsenforst selbst kontrolliert, wird von uns immer wieder kritisiert und war wiederholt Gegenstand von Anfragen – beispielsweise „Staatsbetrieb Sachsenforst – Entwicklung, Stand und Perspektiven“, GrAnfr DIE LINKE 24.11.2017 Drs 6/11356 – Kap. E „Jagd“.

4. Werden Sie bezüglich Abschussplänen und anderen, das Wild betreffenden Entscheidungen künftig wieder das ›Einvernehmen« statt bisher nur das »Benehmen« mit den Hegegemeinschaften gesetzlich festschreiben?

  • siehe Beantwortung unter 6.

5. Was werden Sie tun, um Jagdzeiten und Jagdmethoden den biologischen Grundbedürfnissen des Wildes anzupassen?

  • siehe Beantwortung unter 6.

6. Was werden Sie tun, um revierübergreifende Wildbewirtschaftungskonzepte zu etablieren sowie Wildäsungsflächen, Wildruhezonen und Winterfütterungen zu befürworten und gesetzlich zu verankern?

  • Wie in den Änderungsanträgen zum Jagdrecht in den Jahren 2012 und 2018 (vgl. Frage 1) gezeigt, wollen wir verbindliche flächendeckende Hegegemeinschaften einführen.
    Diese sind dann auch zuständig für die Aufstellung der Abschusspläne, die Art und Weise der Jagdausübung sowie für revierübergreifende Wildbewirtschaftungskonzepte und der in diesem Zuge erforderlichen Maßnahmen.

7. Wie stehen Sie zu einer landesweiten Wildschadensausgleichskasse analog zu dem Modell Mecklenburg-Vorpommern?
Müssen Landwirte die Monokulturen an Mais, Raps etc. zur Energiegewinnung anpflanzen, bei der Wildschadenregulierung anders betrachtet werden als bei der Lebensmittelerzeugung?
Durch den Wolf bilden sich immer stärkere Schwarzwildrotten, die entsprechend höhere ersatzpflichtige Wildschäden verursachen. Welche Möglichkeiten zur finanziellen Entschädigung der Jagdpächter sehen Sie?

  • Die Wildschadensausgleichskasse in Mecklenburg-Vorpommern besteht nach unserer Kenntnis nur in einem Landkreis (Mecklenburgische Seenplatte). Die Kasse gleicht die durch Rot‑, Dam- oder Schwarzwild verursachten Wildschäden aus und legt den Wildschadensausgleich auf ihre Mitglieder um. Die Mitglieder sind – anders als bisher allein die Jagdgenossenschaften bzw. Jagdausübungsberechtigten – Jagdgenossenschaften, Eigentümer eines Eigenjagdbezirkes, Pächter oder die Benannten eines Jagdbezirkes und Landwirte, die eine Nutzfläche von mindestens 75 Hektar gemeinsam bewirtschaften.
  • Dies erscheint sachgerecht in Anbetracht der Tatsache, dass großflächige Landwirtschaft und gleiche Kulturarten (insbesondere Mais) eine effektive Jagdausübung unmöglich machen. In Sachsen wurde 2014 u.a. eine Erklärung mit „Gemeinsamen Empfehlungen zur Reduzierung von überhöhten Schwarzwildbeständen in Sachsen“ unterzeichnet – das Ergebnis ist bis heute mäßig.
  • Durch die verpflichtende Beteiligung der Landwirtinnen und Landwirte an der Hegegemeinschaft (vgl. Frage 1) sind alle maßgeblichen Partner im Boot, sollten einen besseren Blick auf die wechselseitigen Standpunkt erhalten und auch die Frage des Wildschadenersatzes gemeinsam bewältigen. Ergänzende Wildschadensausgleichskassen nach dem Mecklenburger Modell sind eine interessante Zusatzoption.

8. Die gegenwärtige Regelung, 6 Stücke (weiblich) einer Wildart, auch ohne Abschussplan innerhalb einer Planperiode zu erlegen, verhindert Wanderbewegungen des Wildes und den Genaustausch zwischen verschiedenen Wildvorkommen.
Werden Sie das »Trittsteinprinzip« fördern?
Werden Sie diese Regelung abschaffen? 
Wie stehen Sie zur Vernetzung von Lebensräumen der Schalenwildarten: Rot‑, Dam- und Muffelwild?

  • In unserer Änderung zum SächsJagdG (2012) – ÄAntr DIE LINKE 09.05.2012 Drs 5/9075 (Drs abgelehnt) ist die 6‑Stück-Ausnahmeregelung nicht vorgesehen und also eine solche nicht beabsichtigt. Zudem sind die Belange der verbindlich einzuführenden Hegegemeinschaften bei der Abschussplanung zu beachten.
  • Durch unseren Änderungsantrag zum Jagdgesetz ist beabsichtigt, dass die Hegegemeinschaft (vgl. Beantwortung Frage 1) jeweils die Möglichkeit erhält, ihre Angelegenheiten – auch in Anbetracht von Trittsteinen, Lebensraumvernetzung etc. – umfassend selbst zu regeln. Freilich sind auch und gerade hegegemeinschaftsübergreifende Wanderkorridore und Genaustauschoptionen aufrecht zu erhalten. Auch dies sollte in einer Jagdrechtsnovellierung verankert werden.

9. Welche Auffassung hat lhre Partei zum Einsatz von Fallen bei der Prädatorenbejagung und Eindämmung invasiver Arten sowie zur Reduktion der Schwarzwildbestände?

  • Soweit Fallen durch ihre Art und Anwendung (beispielsweise Köder) ein Höchstmaß an Selektion ermöglichen bzw. andersherum Fehlfänge/-tötungen ausschließen, mindestens einmal täglich kontrolliert werden und zumutbare Leiden ersparen, ist dagegen nichts einzuwenden.
  • Die bei der Reduktion der Schwarzwildbestände genutzten Saufänge[1], bei denen (mehrere) Sauen lebend gefangen und anschließend gegebenenfalls nacheinander getötet werden, gehören nach unserer Auffassung nicht zu den zu unterstützenden Maßnahmen gegen überhöhte Schwarzwildbestände. Leiden werden durch die Art und Weise der Falle nicht erspart, sondern hervorgerufen (Paniksituation der übrigen Sauen beim Abschuss) – siehe Drs. 6/17103
  • Auch bei den „invasiven Arten“ bzw. Neobiota haben wir ein differenziertes Bild: Die ökologischen Nischen ehemals einheimischer Arten (wir der Nerz) werden nun durch andere Tiere wie den nicht-einheimischen Mink besetzt. Die angerichteten Schäden beispielsweise zulasten von Brutvögeln werden nur so hoch bewertet, weil die Lebensräume dieser Arten infolge menschlichen Handelns derart massiv eingeschränkt wurden, dass neuerliche Gelegeverluste durch Neobiota nicht hingenommen werden können. Das Problem liegt jedoch an einer anderen Stelle: Da durch menschliche Handlungen und Landnutzungsänderungen die Lebensräume verknappt wurden, ist die Ursache zu bekämpfen, nicht jedoch in erster Linie die Tiere, die letztlich nur arteigenes Verhalten ausüben. Bei den Wildschweinen wird dies verstanden und seitens der Jägerschaft auf eine höhere Kulturartenvielfalt in der Landwirtschaft gedrungen – warum gilt dieses ökologische Verständnis nicht auch für die Neobiota?

10. Wie steht lhre Parteizum Wolf?
Einer Begrenzung der Wolfspopulation?
Der Entnahme von Problemwölfen und wolfsfreien Zonen und der geregelten Bejagung in dicht besiedelten Gebieten?
Welche Rolle soll der Jäger nach lhrer Auffassung einnehmen?
Wie wollen Sie die Akzeptanz von Entscheidungen zur Entnahme absichern?

  • siehe Beantwortung unter 11.

11. Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, wenn Jäger letale Entnahmen vornehmen müssen und wie werden diese dann juristisch begleitet?

  • Eine Begrenzung der Wolfspopulation, eine geregelte Bejagung von Wölfen und wolfsfreie Zonen lehnen wir in der gegenwärtigen Situation ab. Auch Wölfe üben nur arteigenes Verhalten aus, dessen Tolerierung gleichwohl ihre Grenze findet, wenn Gefahr für Leib und Leben von Menschen droht. Im Vorfeld sind die bislang nur untergeordnet angewandten Maßnahmen der Vergrämung zu überdenken und – wo sinnvoll – zu intensivieren. Dies auch, um den geschilderten Situationen zuvorzukommen und bereits jetzt handlungsfähig zu sein. Gleichwohl liefern Menschen den Wölfen durch gezielte Fütterung, aber auch unangemessen geschützte Tierhaltung immer wieder Vorwände und Angebote, um Nahrung in Nähe der Menschen und nicht in der Natur zu suchen; das ist nicht den Tieren vorzuwerfen.
  • Entnahmeentscheidungen sind – nicht zuletzt auch vor dem naturschutzrechtlichen Hintergrund – sachlich zu bewerten und hinreichend abzusichern. Es ist sicherzustellen, dass im Ernstfall auch tatsächlich der wirklich problematische Wolf, der unerwünschtes Verhalten erlernt hat (etwa mehrmalige Überwindung nachweislich sachgerecht errichteter Herdenschutzanlagen bei Hütebetrieben), zur Strecke kommt. Die eine Entnahme rechtfertigenden Sachverhalte müssen transparent dargestellt werden und freilich auch eine gegenteilige öffentliche Meinung aushalten können. Insofern hilft diesbezügliche Geheimniskrämerei nicht weiter.
  • Unsere Haltung zum Wolf haben wir auch im Plenum mehrfach dargestellt – siehe Drs 6/7236.

12. Wie sehen Sie den verstärkten Einsatz von Technik (Schallminderer, Nachtsicht- und Nachtzieltechnik) bei der zu verschärfenden Schwarzwildbejagung?

  • Bei der jüngsten Jagdrechtsnovellierung haben wir der Einführung von Schalldämpfern – nicht zuletzt als Arbeitsschutzmaßnahme – zugestimmt.
  • Zu Nachtsichtgeräten haben wir eine ablehnende Haltung: „Es ärgert mich, dass hier unverändert so getan wird, als liege der Hebel zur Bekämpfung der ASP überwiegend in der schlummernden Motivationsreserve der Jägerschaft […] Aus der Bauernschaft kommen Forderungen nach der Reduzierung des Schwarzwildbestandes um 70 bis 90 % und nach Etablierung sogenannter breiter wildschweinfreier Korridore. […] Ob der erhoffte  Streckenzuwachs die Dauerbeunruhigung allen Wildes und daraus möglicherweise entstehende nachteilige Wirkungen wie vermehrte Fraßschäden rechtfertigen kann, ist zumindest strittig. Solange aber, isoliert von nachhaltigen Wildbewirtschaftungsstrategien, lediglich weiter an der jagdlichen Eskalationsschraube gedreht werden soll, bleiben wir als LINKE bei der Ablehnung“, meint Kathrin Kagelmann, LINKE-Abgeordnete im Sächsischen Landtag, zu diesem Thema – siehe Drs 6/11283, 2.Lesung PlPr 6/66 31.01.2018 S.6096.

13. Welche Position nimmt lhre Partei bei der Verbotsdiskussion bleihaltiger Jagdmunition ein?

  • Bleihaltige Jagdmunition ist nach unserer Auffassung rasch mit einer entsprechenden Auslaufphase zu verbieten. Entscheidend dabei ist, dass die Tötungswirkung etwaiger alternativer Materialien mindestens gleich groß sein muss.

14. Wie steht lhre Partei zu den vom Staatsbetrieb Sachsenforst alljährlich ausgeschriebenen „Drückjagdtourismus‹ zu Großjagden mit über 100 Jägern und mehr als 60
jagenden Hunden?

  • Den „Drückjagdtourismus“ bei Sachsenforst hat DIE LINKE zum Anlass für Kleine Anfragen genommen:

„Notzeiten nach JagdG, Gesellschaftsjagden und Abschusspläne“, KlAnfr Jana Pinka DIE LINKE, 20.03.2019 Drs 6/17102
„Erlass des SMUL zur Vorbildlichkeit von Jagdausübung und Hege in den Verwaltungsjagdbezirken“, KlAnfr Jana Pinka DIE LINKE 20.03.2019 Drs 6/17103

  • Soweit den einzelnen Tieren im Rahmen der Jagdausübung keine Achtung mehr entgegen gebracht wird und die Rahmensetzung dies unterstützt, lehnen wir dies ab. Hier ist die Jagdleiterin/der Jagdleiter in der Pflicht, die wohl teilweise offensichtlich ignorierten Vorgaben im „Erlass des SMUL zur Vorbildlichkeit von Jagdausübung und Hege in den Verwaltungsjagdbezirken“ umzusetzen.

15. Bitte nennen sie uns fünf Gründe, warum Jäger lhre Partei/lhre Kandidaten wählen sollten.

  • DIE LINKE ist nicht jagdfeindlich, sie steht für eine Bejagung von nicht gefährdeten Wildtieren mit Achtung vor der Kreatur. Durch die von uns geforderten verbindlichen Hegegemeinschaften, in denen neben Jägerinnen und Jägern auch die Vertreterinnen und Vertreter des Grundeigentums und der Landnutzung zu beteiligen sind, können Probleme und Herausforderungen (beispielsweise Notzeit und Ruhezonen, jagdbezirkübergreifende Bejagungsstrategie, Wildaustauschkorridore, Habitataufwertung) sachgerecht auf der richtigen Ebene und von allen Beteiligten gemeinsam erörtert und gelöst werden.

16. Bitte kennzeichnen Sie die Positionen, die lhre Partei mit in lhr Wahlprogramm aufnehmen will bzw. bei den möglichen Übernahmen von Regierungsverantwortung mit in
den Koalitionsvertrag mit aufnehmen würde.

  • Wie schon zu Punkt 1 und 3 dargestellt, fordern wir eine Änderung in der Struktur der Jagdbehörden: Der Staatsbetrieb Sachsenforst soll sich nicht mehr selbst kontrollieren dürfen – das ist in Zeile 2850ff. unseres Wahlprogramms (Entwurf) beschrieben.