Autistic Pride Day 2021 – Selbstbestimmt Leben jetzt!!

Zum Internationalen Autistic Pride Day am 18.06.2021 erklären die Landesinklusionsbeauftragten Ann-Kathrin Legath und Birger Höhn:

Am 18.06. wird weltweit seit 2005 der Internationale Autistic Pride Day von AutistInnen gefeiert. Er ist eine Antwort der internationalen autistischen Selbstvertretung auf den Welt Autismustag, der allzu oft das vermeintliche Leiden von Autistinnen an ihrem Autismus und die vermeintliche Therapiebedürftigkeit, um dieses zu lindern, in den Vordergrund stellt.

Dieses wird von der autistischen Selbstvertretung deutlich kritisiert und abgelehnt. Eine der Protestformen dagegen ist eben unter anderem der im Pride-Monat Juni stattfindende Autistic Pride Day mit dem oben in unserer Erklärung abgedruckten Unendlichkeitssymbol, der weltweit seit 2005 von autistischen Menschen in der Selbstvertretung gefeiert wird.

Die Corona Pandemie hat die Situation für viele autistische Menschen nochmal deutlich mehr verschärft. Gewohnte Strukturen sind reduziert worden oder gar ganz weggebrochen. Einige autistische Menschen können aufgrund von Vorerkrankungen keine Maske tragen, und diesen wurde zum Teil – trotz ärztlichem Attest – der Zugang zu öffentlichen Einrichtungen wie zum Beispiel Arztpraxen, Banken oder Einkaufszentren verwehrt. In der letzten Zeit erreichten uns zum Beispiel auch Anliegen der Intersektionalität: Autistische Menschen mit mehreren Diagnosen oder ‑Identitäten haben zum Beispiel das Problem, daß sie mit ihren Diagnosen und-Identitäten zum Teil weder in der einen noch in der anderen Community anerkannt werden mit ihrem »Anders« sein. Sie haben keinen sozusagen »globalen safer space« Raum, in dem sie sich sicher und wohlfühlen. Auch ein Umstand, der unbedingt mindestens thematisiert werden muß.

Autistische Menschen sind bunt und divers. Ein sehr breit gefächertes Spektrum. Das reicht von Menschen mit Lernschwierigkeiten, über autistische Menschen mit Hilfe- und Unterstützungsbedarf, um in einem immer komplexer und schwieriger werdenden gesellschaftlichen Umfeld leben zu können, bis hin zu autistischen Menschen die  in Partnerschaften  leben und Familien haben, und/oder studiert haben bzw. studieren. Deswegen war die Einteilung in verschiedene Schubladen- bzw. Diagnosen a la »Asperger Syndrom«, »frühkindlicher Autismus« usw. auch längst hinfällig. Im neuen ICD 11 von 2018 werden alle Formen von Autismus unter dem Begriff »Autismus Spektrums Störung« (ASS) zusammengefaßt.  Dies wird allerdings zum Teil auch selbst in der autistischen Community heftig diskutiert.

Bei aller Unterschiedlichkeit eint aber viele autistische Menschen der weltweite Kampf gegen Ableismus und behinderten- bzw. autismusfeindliche Äußerungen sowieTherapien. Therapien wie zum Beispiel ABA (Applied Behaviour Analysis) – angewandte Verhaltenstherapie, die in den USA bis in die 1970er Jahre bei Homosexuellen angewandt wurde, um ihnen ihre Homosexualität abzuerziehen. Bis man erkannte, daß dies inhuman ist und überhaupt nicht geht. Bei autistischen Menschen wird diese Therapie bis heute angewandt und hat leider immer noch viel zu viele Unterstützer. Vor allem in deutschen Autismusambulanzen oder ‑zentren und in Universitäten bis hin zum Bundesministerium für Forschung und Bildung, daß solche Studien fördert.

Das geht gar nicht! Wir unterstützen daher ohne Wenn und Aber alle Forderungen nach einem selbstbestimmten Leben autistischer Menschen und bekräftigen ausdrücklich, daß der individuelle autistische Mensch mit seiner Sitution und seinem/ihren jeweiligen Hilfe- und Unterstützungsbedarf gesehen werden muß. Und vor allem muß es umgesetzt werden. Die Barrieren, die autistische Menschen nur allzu oft ausgesetzt werden, müssen thematisiert werden und ins Blickfeld der Öffentlichkeit geraten.

Für all dieses steht stellvertretend für die 365 anderen Tage im Jahr der Internationale Autistic Pride Day. In diesem Sinne schließen wir uns, wie auch bei allen anderen Behinderungen, der Forderung der Selbstvertretung an: »Nichts über uns, ohne uns!«

Ann-Kathrin Legath                                                                                                               Birger Höhn

Landesinklusionsbeauftragte DIE LINKE Sachsen